Balkenhol: Cragg holt einen Knüller
Der bekannte Bildhauer präsentiert neue Arbeiten, einige hat er eigens für den Skulpturenpark geschaffen.
Wuppertal. Einen populären Knüller hat Tony Cragg für den Sommer in seinen Skulpturenpark geholt: Der Bildhauer Stephan Balkenhol präsentiert aktuelle Werke. Zum Teil hat er sie eigens für den Glaspavillon im Grünen geschaffen, „eine paradiesische Spielfläche“ nennt er den Park, weil man als Kollege bei Tony Cragg freie Hand habe.
International bekannt ist Balkenhol wegen seiner Figuren, ein aktuelles Beispiel ist die Holzskulptur „Großer Mann mit weißem Hemd und schwarzer Hose“. Er stemmt die linke Hand in die Hüfte, der Kopf ist leicht geneigt, der Blick indifferent oder leicht abwesend.
Darauf legt der Bildhauer größten Wert. Er ist einer der ersten seiner Generation gewesen, die das Verbot des Bildes in der Bildhauerei durchbrachen: „Mir ging es darum, in der Kunst eine Tür zu öffnen und den Menschen hereinzulassen — allerdings unbelastet von Botschaften und Programmen.“ Nur ja kein Pathos, kein politischer oder religiöser Zweck, das hatte die Kunst im 20. Jahrhundert zur Genüge.
Jede Figur steht nur für sich — das erzeugt eine eigene Spannung, auch auf den Raum, der sie umgibt. Zugleich ist sie offen für Projektionen, das macht sie leicht rezipierbar.
Für die Wuppertaler Ausstellung hat sich Balkenhol dem üblichen Erwartungsdruck partiell entzogen und andere Ausdrucksformen ausprobiert, in den hohen Reliefzeichnungen „Nike“ und „Kopf“ etwa.
Einen Satyr lässt er auf einem Holzblock herumlümmeln, aus dem er ihn herausgeschnitten hat. Hier erkennt man gut, wie Balkenhol arbeitet. „Er geht ganz lange um den Block herum und raucht“, sagt seine Frau Kathrin. Doch wenn er loslegt, dann fliegen die Späne, arbeitet er mit einer 1,50 Meter langen Kettensäge.
Grobe Arbeitsspuren machen die Oberfläche des Satyrs aus, doch das Ergebnis ist eine ungemein feine Figur. „Es gibt kaum Bildhauer, die das machen können“, sagt Tony Cragg, und dass er ein bisschen neidisch sei auf dessen Fähigkeiten. Holz ist Balkenhols Lieblingsmaterial: „Es reagiert so, wie ich denke.“ Stein sei zu langsam in der Bearbeitung, Ton zu schnell.
Aus Holz ist auch der gigantische Männertorso vor dem Glaspavillon. 2009 hat Balkenhol die 5,70 Meter hohe Figur, die an antike Vorbilder erinnert, für seine Ausstellung auf dem Forum Romanum in Rom entworfen. „Sempre più“ heißt sie, das Thema Maßlosigkeit soll sie transportieren. Münzen bedecken den Sockelbereich. Doch werten will Balkenhol wieder nicht: „Ich glaube, dass es zum Menschen gehört, dass er seine Grenzen überschreiten will.“ Nur zufrieden werde man nie — und darüber melancholisch.