Bell – der Hoffnungsträger der SPD

Dietmar Bell wird am Samstag zum Oberbürgermeister- Kandidaten der SPD gewählt. Wie stehen seine Chancen, Peter Jung abzulösen? Eine Analyse.

Wuppertal. Ein Illusionist ist Dietmar Bell nicht, aber ein Kämpfer. Der Verdi-Geschäftsführer und Wuppertaler SPD-Parteichef will sich heute von seiner Partei in der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule zum Herausforderer vom Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) bei der Kommunal- und Direktwahl im kommenden Jahr küren lassen. "Es wird schwierig", hatte Bell schon nach der Nominierung durch die Spitzengremien der Partei eingeräumt.

Andere halten es für nahezu aussichtslos, Jung aus dem Amt zu heben. Bell werde in einem konturlosen Wahlkampf verheizt, befürchten einige Genossen, die schon weiterdenken - bis zur Landtagswahl 2010. Gegen die glücklosen CDU-Abgeordneten Heinz-Peter Brakelmann und Horst Ellinghaus werden Bell deutlich bessere Chancen eingeräumt.

Bei der Oberbürgermeister-Wahl steckt die SPD hingegen in einem Dilemma. Das Kremendahl-Erbe wiegt schwer. Der Alt-Oberbürgermeister hat - obwohl rehabilitiert - mit der Parteienspenden-Affäre den Niedergang der Wuppertaler Sozialdemokraten mit bewirkt. Bell trat nach dem Wahldebakel 2004 als Erneuerer der Partei an. Aber auch der Wuppertaler SPD-Tanker ist schwer zu bewegen. Die Sozialdemokraten sind noch zu sehr in ihren Mythen gefangen. Was die Riege der SPD-Oberbürgermeister - von Johannes Rau über Ursula Kraus bis Hans Kremendahl - tatsächlich für Wuppertal erreicht hat, wird kaum hinterfragt. Stattdessen ergehen sich die Genossen in einer für Nicht-Wuppertaler mitunter seltsam anmutenden Glorifizierung des Übervaters Johannes Rau. Und Hans Kremendahl wird nach wie vor auf jedem Parteitag mit donnerndem Applaus begrüßt.

Als die Wuppertaler 2004 in der Stichwahl CDU-Mann Jung ins Rathaus entsandten, übernahm der Küllenhahner eine von Korruption gebeutelte, heillos überschuldete, schrumpfende und im Strukturwandel festsitzende Stadt. Auch Jung hat die Probleme bislang nicht bewältigen können und zu vieles weggelächelt. Aber im Gespann mit Kämmerer Johannes Slawig bescheinigen ihm viele Wuppertaler, einen guten Job zu machen. Genau darauf, auf Jungs Popularität, wird die CDU den Wahlkampf ausrichten.

Bell will sich die Umarmungsstrategie des Amtsinhabers nicht zu eigen machen, sondern mit Inhalten arbeiten. Bildungs- und Wirtschaftspolitik sollen die Christdemokraten in die Enge treiben, kommunalpolitische Foren sozialdemokratische Kompetenz vermitteln. Das Problem ist nur, dass sich die SPD- nicht erkennbar von der CDU-Politik unterscheidet. Zu Bells Erfolgen gehört, die SPD nach der Wahlniederlage in eine Kooperation mit der CDU geführt zu haben. So konnte die SPD weiter mitregieren, aber kaum neues Profil aufbauen - auch wenn viele entscheidende Ratsvorlagen SPD-Handschrift tragen.

Allein die Diskussion um die sechste Gesamtschule zeigt, wie schwer es sein wird, sich mit großen Themen abzusetzen. Zunächst triumphierte die SPD, ausgerechnet die CDU mit ins Boot für eine Gesamtschule geholt zu haben. Aber am Ende blieb ein Kompromiss, den die Grünen lange zuvor formuliert hatten und der als Wahlkampfthema denkbar ungeeignet ist.

Zum letzten Mal finden Kommunal- und Urwahl des Oberbürgermeisters 2009 an einem gemeinsamen Termin statt. Eine Stichwahl wird es nicht geben. In der Summe keine guten Voraussetzungen für eine Partei, die auf Programme statt Köpfe ausgerichtet ist. Vielleicht hat Dietmar Bell deshalb so vollmundig in Richtung CDU formuliert: "Wir sind personell besser aufgestellt als die Konkurrenten." Selbst in Teilen der SPD wird noch gerätselt, wen Bell damit gemeint haben könnte. Entlarvender klang da schon das Statement von Parteivize Wolfgang Herkenberg: "Das ist die beste Kandidatur, die wir uns für Wuppertal vorstellen können." Ein Schelm, der aus diesem Satz lesen könnte, man habe wohl auch keine andere Wahl.