Wirtschaft Bergischer Moderiese Walbusch muss Kosten senken

Wuppertal · Künstliche Intelligenz soll helfen

Christian Busch, geschäftsführender Gesellschafter von Walbusch, steht hier im Hauptgeschäft an der Martinstraße in Solingen.

Foto: Christian Beier

Fliegen Models, Agenten und Fotografen künftig nicht mehr um die halbe Welt, um den perfekten Ort für das Mode-Shooting zu suchen? Weil Ort, Model und Mode selbst von Künstlicher Intelligenz (KI) genauso gut in Szene gesetzt werden können? Christian Busch ist davon überzeugt. „Hinter diesen Fotoshootings steht ein riesiger logistischer Aufwand. KI in der Fotografie kommt uns da gelegen“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter von Walbusch mit Sitz in Solingen.

Die Einsatzmöglichkeiten von KI sind in seinem Unternehmen groß. „Eine vernünftige Kundenzusammenfassung kann ich mir schon jetzt von einer KI erstellen lassen – inklusive Antwortvorschlag auf das Anliegen.“ Ansonsten liegen die Vorteile vor allem in der Verarbeitung von Daten. „So wissen wir nicht nur besser, was wir verkauft haben. Sondern auch, wie wir in Zukunft auf dieser Grundlage Waren disponieren.“ Da gebe es kluge Systeme. „Wir werden aber nicht die sein können, die so etwas programmieren. Wir beobachten den Markt und warten auf die Standardlösung.“

Dass es wegen Künstlicher Intelligenz in der Wirtschaft bald deutlich weniger Jobs gibt, glaubt Christian Busch nicht. „Wir müssen aufpassen in der gesellschaftlichen Diskussion. Eine Stelle nicht zu besetzen, kann ja bedeuten, jemanden gar nicht erst suchen zu müssen, den man ohnehin nicht findet“, erklärt der Unternehmer mit Blick auf den Fachkräftemangel. Bei Walbusch werden zeitnah viele in Rente gehen, die seit den 80er-Jahren in dem Unternehmen arbeiten.

Wertschätzung für Qualität fehlt

KI kann ebenfalls helfen, dem Kostendruck im Mode-Geschäft standzuhalten. Was für Kleidung ausgegeben werde, sei rückläufig, berichtet Busch. „Auch der Wert pro Teil. Das Hemd kostet nominal dasselbe wie vor 20 Jahren, wenn nicht sogar weniger.“ Mit Ausnahme des Luxussegments fehle es oft an Wertschätzung für das Produkt und die Qualität.

Verändert hat sich auch das Kaufverhalten der Kundschaft. Für Walbusch sei relevant, dass die Menschen nicht mehr mit so viel Vorausschau kaufen. „Früher wurde die Sommerjacke vor Ostern gekauft. Heute ist das alles schnelllebiger und kurzfristiger. Das birgt Herausforderungen bei der Disposition und der Logistik.“

Riesige chinesische Firmen wie Shein und Temu mit dem Trend zur „Ultra Fast Fashion“ brächten eine ganz andere Qualität in den Markt – im negativen Sinn. Die Plattformen bieten Mode zu Billigpreisen bei kostenlosem Versand und verbinden den Einkauf mit psychologischen Tricks aus Social Media, um den Konsum zu steigern. Alles ist immer und schnell verfügbar. Ware aus China an sich sei noch nicht das Problem, betont Christian Busch. „Es geht um die Regulatorik, das teils geschützte Design und um Qualitätskontrollen. Es sollten schon alle verstehen, dass es über solche Plattformen nicht die gleichen Qualitäten und Verbraucherrechte gibt.“

Die Geschäftsmodelle von Shein, Temu und Co. stünden im krassen Gegensatz zu Debatten um Nachhaltigkeit und umweltverträgliche Lebensweise. „Wenn wir das alles als Gesellschaft ernst nehmen, dann bedeutet Nachhaltigkeit Verzicht auf Konsum.“ Die Walbusch-Kleidung sei deshalb schon immer darauf ausgerichtet, lange zu halten. Fünf Jahre Langzeitgarantie gibt es auf die Produkte. „Wie das angenommen wird, entscheidet der Kunde. Aufgrund hoher Inflation haben sich die Menschen in letzter Zeit meist für die günstigere Variante entschieden. Auch wenn die am Ende vielleicht sogar teurer kommt, weil das Produkt nicht so lange hält.“

2022 war der Walbusch-Umsatz um 6,7 Prozent von 429 auf 400,2 Millionen Euro zurückgegangen, verbunden mit einem „historisch einmaligen Verlust“. Im „krisenreichen und konsumschwachen Jahr 2023“ sank der Umsatz erneut um 5,5 Prozent auf 378 Millionen Euro. Das Solinger Traditionsunternehmen war aber wieder profitabel. Für 2024 sind drei Prozent Wachstum geplant. Aktuell ist Busch zuversichtlich, das Ziel zu erreichen. Dabei helfen vor allem treue Stammkunden, die wieder mit mehr Kontinuität einkaufen als in den Vorjahren.

Größtes Problem bleiben die Kosten. „Da müssen wir uns Dinge einfallen lassen, um zu sparen. Es wird nicht funktionieren, wenn wir am Produkt sparen“, betont Busch. Kostenblöcke wie Cybersicherheit, die es früher nicht gab, kämen noch hinzu. „Prozesse und Strukturen müssen schlanker werden. Aus Kostengründen, aber eben auch aufgrund des Fachkräftemangels.“

Mit Photovoltaik gegen hohe Energiepreise

Das Walbusch-Team habe bereits tolle Arbeit geleistet, das Warenlager zu reduzieren und so Kosten zu senken. Gegen hohe Energiepreise helfen unter anderem die Photovoltaik-Anlage auf den Dächern der Logistikgebäude im Ravenna-Park in Halle/Westfalen – und der bewusste Umgang mit Energie überall im Haus.

Eine weitere Herausforderung ist die Neukundengewinnung. Es gebe online vermehrt Firmen, insbesondere im Bereich Social Media und bei Suchmaschinen, die mit ihren Algorithmen den Markt beeinflussen und abschotten. Neue Kunden zu finden, ist überlebenswichtig. Busch: „Die neuen Kunden von heute sind die Stammkundschaft von morgen.“

Die 1934 als Versandhandel in Solingen gegründete Walbusch-Gruppe beschäftigt etwa 1100 Mitarbeitende. Neben einem Onlineshop betreibt Walbusch mehr als 40 Fachgeschäfte. Zur Gruppe gehören Avena sowie Mey & Edlich.