Bergisches Wasser ist nitratfrei

Nach dem Gülleunfall an der Neye sehen sich die Bauern zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Foto: Axel Richter

Wuppertal. Die Neyetalsperre hat sich erholt. Knapp zwei Jahre nach dem Gülleunfall, bei dem annähernd 1,7 Millionen Liter der stinkenden Brühe in das Gewässer geflossen waren, sind etliche Fisch- und Amphibienarten zurückgekehrt. Doch die Umweltkatastrophe vom 18. März 2015 hat nicht den Ruf des mutmaßlichen Verursachers ramponiert, sondern stellte die ganze Bauernschaft unter Generalverdacht.

Die geht jetzt in die Offensive. „Sobald die Menschen ein Güllefass sehen, nehmen sie an, die Gülle fließe direkt ins Grundwasser“, sagt Andreas Kempe, Vorsitzender der Ortsbauernschaft Remscheid. Ähnliche Beobachtungen macht sein Kollege der Ortsbauernschaft Wuppertal-West: „Die Leute halten sich die Nase zu. Und zwar schon dann, wenn noch gar nichts passiert ist“, sagt Tim Neues.

Seit dem 1. Februar haben die Menschen zum Nasezuhalten reichlich Gelegenheit. Seitdem nämlich sind die Landwirte berechtigt, Gülle, Jauche und Co. auf ihren Wiesen und Feldern auszubringen. „Wir düngen damit unsere Pflanzen“, sagt der Remscheider Andreas Kempe. Urin und Kot der Nutztiere sind reich an Stickstoff, Phosphor und Kalium. Zu viel davon gefährdet allerdings das Grundwasser. Ergebnis: An vielen Orten in Deutschland werden die Grenzwerte für den gesundheitsschädlichen Düngestoff überschritten.

Doch die Landwirte in Wuppertal, Remscheid und Solingen haben eine reine Weste. Das bescheinigt ihnen der Wupperverband. Der betreut als großer Wasserwirtschaftsverband zehn Talsperren im Bergischen und misst jährlich die Nitratwerte an den Bächen, die hineinfließen. Ergebnis: „Wir haben heute Spitzenwerte von 11 Milligramm Nitrat pro Liter Bachwasser“, erklären Friederike Mürkens und Alexandra Preuß-Ochell. Zum Vergleich: Die Obergrenze für Trinkwasser liegt bei 50 Milligramm.

Die Reinheit der Bäche ist Ergebnis einer 20 Jahre alten Kooperation zwischen den Wasserversorgern und den heimischen Landwirten. Seither bekommen die Bauern Besuch von einem Berater für Landbau und Wasserwirtschaft. Zudem gibt der Verband auch finanzielle Anreize für wasserverbessernde Investitionen auf ihren Höfen. Die Gülle, die die Landwirte auf ihren Feldern ausbringen, sei zudem „überwiegend eigenproduziert“, hält Dahlmann fest.

Exportgülle aus Holland komme weniger im Bergischen und mehr im Münsterland auf die Felder. Wer auf die Bauern im Bergischen schimpfe, schimpfe auf sie also zu Unrecht. Und der Bauer, von dessen Hof die Gülle in die Neyetalsperre floss? Dahlmann nennt ihn ein schwarzes Schaf unter vielen weißen. Und auch Karl-Frieder Kotthaus, Chef eines Geflügelhofs in Obergarschagen, glaubt: „Wäre er Teil der unserer Kooperation gewesen, hätte sich eine solche Katastrophe nicht ereignet.“