So könnte Wuppertal den Verkehrsinfarkt verhindern

Analyse: Mehr Autos, aber nicht mehr Straßen. Die Staus in der Stadt werden länger. Daran wird auch die Öffnung der B7 nichts ändern.

Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Ende vergangenen Jahres waren in Wuppertal rund 207 000 Fahrzeuge zugelassen, davon knapp 157 000 Autos. Hinzu kommen auf Wuppertals Straßen Autos von Berufspendlern, von Studenten, die an der Uni eingeschrieben sind, aber nicht in Wuppertal leben. Die Folgen davon sind jeden Tag zu den Stoßzeiten vormittags und nachmittags abzusehen. Auf der A 46 staut es sich je nach Tageszeit in Richtung Düsseldorf oder Dortmund. Am Briller Kreuz, auf der Carnaper Straße sowie um den Robert-Daum-Platz geht nicht mehr viel. Daran wird vermutlich auch die Wiedereröffnung der B 7 zwischen Ohligsmühle und Brausenwerth nichts ändern. Danach dürfte die Wolkenburg zwar wieder staufrei werden. Dafür treffen sich die Autofahrer dann aller Voraussicht nach auf den Straßen der Elberfelder Südstadt in Richtung Bundesallee. Wie früher.

So schlimm wie in Düsseldorf oder gar Köln wird es zwar nicht werden. Aber die Zeichen stehen auch in Wuppertal auf Verkehrsinfarkt. Denn, wenn die Einwohnerzahl der Stadt noch ein paar Jahre wächst, wovon Statistiker ausgehen, dann wird auch die Zahl der Autos noch weiter steigen. Auf die Fragen, die sich daraus ergeben, hat die Kommunalpolitik bisher noch keine Antworten gefunden. Ganz im Gegenteil. Sie scheint weiter davon überzeugt zu sein, dass das Auto die Zukunft der Fortbewegung ist. Das belegt die neue Unterführung am Primark-Gebäude, die mit acht Spuren dimensioniert ist, wie Hauptstraßen in New York. Dass die Bundes- beziehungsweise Friedrich-Engels-Allee auch in Zukunft überwiegend zweispurig ist, führt dazu, dass in Westrichtung an der Ohligsmühle und in Ostrichtung an der Morianstraße Nadelöhre entstehen könnten, also Staus.

Ein weiterer Beleg für die Bevorzugung des Individualverkehrs in Wuppertal ist die Parkraumbewirtschaftung. So kostet das Tagesticket im noch neuen Parkhaus Hofaue gerade einmal drei Euro. Aber auch sonst werden Autofahrer in Wuppertal gut bedient. Mehr als 1,50 pro Stunde kostet Parken nirgendwo. Daran wird sich so schnell nicht ändern, zumal der Einzelhandel immer noch glaubt, die Geschäfte liefen besser, wenn die Kunden mit ihren Wagen bis an die Ladentheken fahren können. Wer also zum Einkaufsbummel nach Elberfeld will, braucht angesichts steigender Fahrzeugzahlen zunehmend Geduld.

Eingeleitete Gegenmaßnahmen fruchten bisher nicht im gewünschten Maße. Car-Sharing, also das stundenweise Mieten eines Fahrzeugs, wird noch nicht genügend nachgefragt. In der Vergangenheit haben die Wuppertaler Stadtwerke darüber hinaus immer wieder Versuche unternommen, Bürger vom Auto in Bus und Schwebebahn zu bekommen. Das ging so weit, dass Familien für einen bestimmten Zeitraum kostenlos Fahrscheine zur Verfügung gestellt worden sind. Das Ergebnis: Alle sind zum Auto zurückgekehrt, die Freiheit, jederzeit mobil sein zu können, wog schwerer als Umweltbewusstsein und Wirtschaftlichkeit.

Dennoch könnte es ein lohnendes Konzept sein, Familien die kostenfreie Nutzung von Bus und Bahn im Stadtgebiet anzubieten, wenn sie dafür auf den Zweitwagen verzichten. Für Beschäftigte, die einen mit dem ÖPNV gut angebundenen Arbeitsplatz ohne beispielsweise Außendienst haben, wäre das womöglich sinnvoll. Und auch für die Stadt hätte es Vorteile, wenn weniger Wagen über die Straße rollten. Dadurch verlängerte sich der Sanierungsintervall der Asphaltschichten, was Kosten spart. Mit dieser Ersparnis ließe sich die kostenlose Nutzung des ÖPNV möglicherweise finanzieren.

Auch für die Familien ergäbe sich ein wirtschaftlicher Vorteil. Inklusive Treibstoff, Versicherung, Reparaturen und Wertverlust kostet ein durchschnittliches Fahrzeug im Jahr etwa 4000 Euro. Das sind 333 Euro pro Monat und damit selbst dann deutlich mehr, wenn das ÖPNV-Ticket bezahlt werden müsste. Einziger Nachteil wäre die eingeschränkte Mobilität am Arbeitsplatz. Vorteil wären weniger Lärm, bessere Luft, insgesamt eine noch höhere Lebensqualität in der Stadt und mehr Freude am (Familien-)Autofahren, weil das ohne Stau und stockenden Verkehr ja viel schöner ist.