Arbeitsmarkt in der Corona-Krise Beim Wuppertaler Jobcenter gehen hunderte Neuanträge für Hartz IV ein

Wuppertal · Das viel gelobte Kurzarbeitergeld hilft Mini-Jobbern und Auszubildenden nicht. In Wuppertal Jobcenter gehen deshalb in den letzten Tagen hunderte neue Hartz-IV Anträge ein.

Das Jobcenter rechnet damit, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften weiter steigen wird.

Foto: dpa/Jan Woitas

Das Jobcenter Wuppertal verzeichnet seit Beginn der Coronakrise hunderte neue Anträge auf staatliche Leistungen nach dem Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Insbesondere im Gastgewerbe sind 450-Euro-Jobber betroffen. Das Jobcenter rechnet damit, dass die Zahl der sogenannten Bedarfsgemeinschaften in Wuppertal in den kommenden Wochen stark ansteigen wird.

Beim Jobcenter Wuppertal trat bereits vor drei Wochen ein Krisenstab zusammen. „In einem ersten Schritt haben unsere Mitarbeiter ab dem 9. März Kontakt zu den von uns betreuten rund 25 000 Haushalten aufgenommen. Und wir haben auch einen großen Teil telefonisch erreicht“, sagt Thomas Lenz, Vorstandsvorsitzender des Jobcenters. Die in ihrer Art bisher einmalige Telefonaktion habe als vertrauensbildende Maßnahme gedient. „In Wuppertal sind rund 50 000 Menschen auf staatliche Leistungen über das Jobcenter angewiesen. Es ist wichtig, dass für sie neben der Sorge vor einer Erkrankung nicht auch noch existenzielle wirtschaftliche Not hinzukommt.

Die Schließung von Geschäften und Gastronomiebetrieben betrifft viele Mini-Jobber, denn sie haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, dessen Vergabe die Bundesregierung mit Gesetzesänderungen im Eiltempo reformiert hat. Zur Grundsicherung bleibt für viele Geringverdienende wie auch freie Künstler nur der Weg in Hartz IV. Ein Schritt, der Frauen und Männern schwer fällt, die sich bisher mit einem oder mehreren kleinen Einkommen ohne staatliche Hilfe über Wasser gehalten haben.

Jobcenter und Arbeitsagentur setzen zum Schutz auf Homeoffice

In der Krise müssen Arbeitsagentur oder Jobcenter funktionsfähig bleiben. 300 der 700 Mitarbeiter des Jobcenters arbeiteten bereits vor der Krise im Homeoffice, die Zahl wurde auf 500 ausgeweitet. „Das dient dem Schutz der Mitarbeiter, aber wir müssen trotzdem damit rechnen, dass uns im Mai und Juni viel weniger Personal zur Verfügung steht“, erklärt Thomas Lenz. Daher sei Eile bei der Bearbeitung von Neuanträgen geboten. Auf seiner Homepage weist das Jobcenter darauf hin, dass Neuanträge auch telefonisch oder per Mail gestellt werden können. Zur Kontaktaufnahme sei lediglich ein Anruf beim Jobcenter oder eine Mail erforderlich - die Antragsunterlagen würden dann per Post versandt.

Komplett eingestellt hat das Jobcenter alle persönlichen Beratungsgespräche zur beruflichen Integration und alle Gruppenveranstaltungen. „Der Wegfall der Qualifizierungsmaßnahmen ist für viele Teilnehmer sehr bitter, denn die Maßnahmen werden mit der Hoffnung verbunden, beruflich wieder Fuß zu fassen“, sagt Lenz. Der momentane Wegfall schlage auf Mitarbeiter der Träger wie Diakonie oder Gesa durch - und damit seien weitere hunderte Arbeitsplätze betroffen.

Neben den Mini-Jobbern erhalten auch Auszubildende kein Kurzarbeitergeld. Deren Situation erklärt Carmen Bartl-Zorn, bei der Bergischen IHK zuständig für Aus- und Weiterbildung, so: „Auszubildende müssen sich bereithalten, aber wenn die Ausbildung entfällt, dann wird ihnen die Ausbildungsvergütung sechs Wochen gezahlt.“ Dieser Fall sei mit der staatlich angeordneten Schließung der Gastbetriebe eingetreten. Mit den Ausbildungsbetrieben müsse geregelt werden, wie die Ausbildungsinhalte nachgeholt werden können. „Wir wissen nicht, ob sich die Lage in sechs Wochen wieder normalisiert. Wenn nicht, muss für die Auszubildenden im Ausnahme-Fall eine Kurzarbeiter-Regelung gefunden werden“, sagt Carmen Bartl-Zorn.