Israel „Das habe ich in der Intensität noch nicht erlebt“

Arno Gerlach war in Israel, als die Raketen aus Gaza flogen. Er reist in zwei Wochen wieder hin.

Arno Gerlach berichtet von Erlebnissen in Israel.

Foto: Fischer, Andreas (f22)

Arno Gerlach, Vorsitzender des Freundeskreises Beer Sheva, will kein „Schönwetter-Freund“ sein, sagt er. Und setzt sich deswegen auch Gefahren aus, die andere nicht auf sich nehmen. Denn Gerlach fliegt häufig nach Israel. An sich kein Problem. Aber seine letzten beiden Besuche wurden von der Gefahrenlage dort überschattet.

Die Angriffe auf Beer Sheva hätten die Gruppe treffen können

Mitte Oktober war Gerlach mit dem Freundeskreis auf Studienreise dort. Sie haben gerade Beer Sheva verlassen, als von dort die Nachricht kam, dass eine Rakete im neuen Stadtteil Ramot, wo auch der Wuppertaler Platz steht, eingeschlagen war. Gerlach sagt, er habe die Nachricht auf dem Handy bekommen - und sachlich und unemotional an die Gruppe weitergegeben. „Erst einmal waren alle ziemlich niedergeschlagen“, sagt er. Aus Sorge um die Freunde dort. Auch weil die Gruppe vorher selbst dort gewohnt hatte. „Wir waren in Ramot“, betont Gerlach. Es hätte sie treffen können.

Bei aller Anteilnahme: Gerlach sieht auch etwas positives daran. Er war mit der Gruppe zuvor an der Grenze zum Gaza-Streifen, wo er selbst schon Raketen hat starten sehen. Er sagt, jetzt könnten sich die Mitreisenden vorstellen, von wo die Raketen kommen und unter welchen Bedingungen die Israelis leben. Ihm geht es nicht um Verurteilung der Palästinenser. „Sie tun mir unendlich leid“, sagt Gerlach. Aber er glaubt nicht, dass die Hamas, die den Gaza-Streifen regiert, Frieden will. Und er sieht, wie die Israelis, gerade nahe dem Gaza-Streifen, unter der ständigen Bedrohung leiden. Das könnte man nur nachvollziehen, wenn man es selbst erlebt hat.

Das hat Gerlach. Und das schreckt ihn nicht ab. Denn trotz der bedrohlichen Lage ist er im November wieder in Israel gewesen. Dieses Mal mit seiner Frau. Er sollte die Ehrendoktorwürde der Ben Gurion Universität in Beer Sheva erhalten – was er im Gespräch nicht erwähnte, in aller Bescheidenheit. Er sprach von Gesprächen dort. Aber zu der Verleihung sollte es nicht kommen. Denn am Tag nach ihrer Anreise am 11. November habe Gerlach immer wieder Militärhubschrauber aufsteigen sehen, die Richtung Süden flogen. Richtung Gaza. Er kenne solche Szenen, wisse die einzuschätzen und habe gewusst; „Da stimmt etwas nicht.“

In der Nacht zu diesem Montag war eine israelische Operation im Gaza-Streifen schief gegangen. Israelische Soldaten wurden von der Hamas entdeckt. Bei einem Feuergefecht wurden Palästinenser, aber auch ein israelischer Offizier getötet. Als dann Verstärkung gerufen wurde, kam im Anschluss ein ein hochrangiger Offizier der Hamas zu Tode.

Gerlach hatte gehört, dass etwas in Gaza losgegangen war. Als er nach Beer Sheva loswollte, kam es anders: „Die Lage war so bedrohlich, dass sogar die Uni mir abgeraten hat, zu kommen. Montag und Dienstag fielen mehr als 400 Raketen und Mörsergranaten auf israelisches Gebiet. Es gab Befürchtungen, dass auch Beer Sheva und Tel Aviv getroffen werden sollten. So etwas habe Gerlach noch nie erlebt in der Intensität.

Israel habe dann den Einmarsch nach Gaza vorbereitet, sagt Gerlach. Seitdem herrscht Waffenstillstand. Niemand weiß wie lang. Trotzdem fliegt Gerlach wahrscheinlich in zwei Wochen wieder nach Israel. Die Lage schreckt ihn nicht ab. Natürlich mache er sich Sorgen, um seine Freunde in Israel, im Westjordanland und in Gaza. Und um sich. Aber er denke, ihm könne dort genauso viel passieren wie hier. Und „ich will nicht die Situation meiner Freunde ignorieren“. Nicht nur da sein, wenn alles in Ordnung ist. Das sei für ihn Teil der Verantwortung aus unserer Geschichte. Und Teil seines Verständnisses von christlicher Nächstenliebe.