„Davon versprechen wir uns eine Hemmschwelle“
Seit dem 1. Mai sind Wuppertaler Polizisten mit Bodycams unterwegs — ein zweijähriger Pilotversuch.
Wuppertal. „Ich bin froh, dass für unsere Sicherheit etwas getan wird“, erklärte die junge Polizeikommissarin Laura Brendelanlässlich der Pressekonferenz gestern im Präsidium und schaute dabei auf ihre in Schulterhöhe angebrachet Bodycam — eine winzige Kamera, mit der in Bild und Ton Übergriffe auf Polizeibeamte dokumentiert werden können. Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher berichtete, dass die auch für Solingen und Remscheid zuständige Direktion neben Düsseldorf, Köln, Duisburg und der Kreis Siegen-Wittgenstein zu den fünf Pilot-Behörden gehört, bei denen seit dem 1. Mai 32 dieser Bodycams unter Mitwirkung des Instituts für Polizeiwissenschaft im täglichen Einsatz getestet werden.
Die kleine Kamera verfügt über einen per Hand bedienbaren, schwenkbaren Kopf und ein Display,auf dem ein eventueller Angreifer sein eigenes Handeln verfolgen kann. „Davon versprechen wir uns eine zusätzliche Hemmschwelle“, so Birgitta Radermacher. „Wer sich selbst vor Augen hat, wird sich wahrscheinlich ordentlicher benehmen“, hofft sie und sieht in dem kleinen technischen Wunderwerk auch ein Beweismittel. Dessen technisch hervorragende Aufzeichnungen werden, soweit sie nicht staatsanwaltlich benötigt werden, 14 Tage lang aufbewahrt und anschließend gelöscht. Zum Einsatz sollen die Bodycams allerdings nur kommen, wenn Gefahrensituationen unmittelbar bevorstehen. „Das heißt, dass die Entwicklung einer möglichen prekären Szene nicht dokumentiert werden darf. Das wäre gerade bei Demonstrationen mit radikalem Potenzial s wünschenswert, so die Polizeipräsidentin. Auch bei Fällen häuslicher Gewalt soll die Kamera zunächst nicht aktiviert werden.
„Da erwarten wir, dass allein die Anwesenheit der Polizei schon deeskalierend wirkt“, erklärte Erster Polizeihauptkommissar Dirk Bonsmann, sagte aber anschließend: „Wenn es sich um‚ alte Bekannte handelt, bei denen man weiß, dass sie die Polizei angreifen, ist die Situation natürlich anders.“
Die Entscheidung, ob die Kamera eingeschaltet und aktiviert wird, liegt bei den Einsatzkräften, wie auch bei Auswertung der Tatbestände stets nachprüfbar ist, wer die Kamera beim Einsatz getragen hat.
Bei dem Pilotprojekt handelt sich um einen Praxistest, der über zwei Jahre geht, und dessen Ergebnisse vom Institut für Polizeiwissenschaft ausgewertet werden. Erfahrungswerte seit dem 1. Mai liegen nach den bisher sechs Schichten mit den Bodycams noch nicht vor. Der Einwand einer Pressevertreterin, dass gerade die Bodycams die Gewaltbereitschaft bei möglichen Tätern noch verstärken könnten, überzeugte Birgitta Radermacher nicht. „Daran glaube ich nicht.“
„Wir freuen uns auf den Einsatz mit der Bodycam, schon weil uns junge Polizisten solche technische Neuerungen reizen“, sagte Polizeikommissar Ali Osman Gultekin, fügte aber gleich hinzu: „An der Art unseres Einsatzes wird sich nichts ändern. Wir verhalten uns nicht anders als vorher.“