Der Hammelsprung scheidet Wuppertals Politiker in Berlin

So erlebten die Wuppertaler Abgeordneten die abgebrochene Sitzung und das Gerangel um das Betreuungsgeld mit.

Wuppertal/Berlin. Manfred Todtenhausen (FDP) gehört dem Deutschen Bundestag als Nachrücker erst einige Wochen an. Am vergangenen Freitag erlebte er einen Sitzungsverlauf, den auch die „alten Hasen“ im Plenum so noch nicht erlebt haben dürften. Die Sitzung, in der das umstrittene Betreuungsgeld von der schwarz-gelben Koalition verabschiedet werden sollte, wurde wegen der Beschlussunfähigkeit des Bundestags abgebrochen.

„Aus einem Leerstück wurde ein Lehrstück“, kommentiert Manfred Todtenhausen den Trick der Oppositionsparteien. SPD und Grüne hatten einen Antrag zum Wettbewerbsrecht gestellt und die Sitzung bei einem Hammelsprung platzen lassen, da viele Abgeordnete nicht mehr in den Plenarsaal zurückkehrten. Die FDP sei fast vollzählig gewesen, versichert Todtenhausen. Da aber bei der CDU viele Stühle leer blieben, war die Beschlussfähigkeit nicht mehr gegeben. „Dies wird dazu führen, dass in Zukunft absolute Anwesenheitspflicht bei besonderen Themen besteht“, sagt Todtenhausen.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Hintze war im Parlament anwesend. Er nennt das Verhalten der Opposition zwar ein taktisches Foul, findet diesen Ausdruck aber eigentlich noch viel zu liebevoll. Denn „den Boykott des Parlaments“ empfindet er als unparlamentarisch. „Die Opposition hätte ja auch gegen das Betreuungsgeld votieren können.“ Den Freitag wegen vieler freier Sitze im Parlament nicht mehr als Bestandteil der Sitzungswoche erklären? Davon hält Hintze nichts. Er appelliert an die Disziplin der Abgeordneten. Die sei traditionell in Oppositionsparteien weniger stark ausgeprägt als in Regierungsparteien.

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt nahm an der Sitzung teil. Seiner Meinung nach entsprach das Verhalten der Opposition keineswegs den „demokratischen Gepflogenheiten“. „Die Opposition hat sich vor dem Sitzungssaal versammelt, um die Beschlussfähigkeit zu verhindern“, so Hardt. Es sei nicht angemessen, mit solchen „Mätzchen“ zu agieren. Grundsätzlich habe sich die Opposition eher geschadet: „Dadurch sind auch bei uns die Reihen in der Sache geschlossen.“

Naturgemäß sieht Manfred Zöllmer (SPD) die Sache anders: „Es ist ja nicht Aufgabe der Opposition, der Regierungskoalition eine Mehrheit zu beschaffen.“ Er war bei der Abstimmung nicht anwesend — als der Hammelsprung angekündigt worden sei, sei er in sein Büro zurückgekehrt und habe sich dort bis zum Abend auf die nun laufende Sitzungswoche vorbereitet.

Ein mögliches Verhalten im Sinne der Geschäftsordnung des Bundestages sei das gewesen — und somit alles andere als das von der Union monierte Foulspiel. Von einer Anweisung der SPD-Fraktionsspitze, das Plenum zu verlassen, will Zöllmer nichts mitbekommen haben — ganz abgesehen davon, dass er in der Sache über den Abbruch der Sitzung froh ist: „Aus unserer Sicht ist das Betreuungsgeld eine Verschwendung hoch 23.“

Wie Zöllmer geht auch Hermann Ott (Grüne) davon aus, dass viele CDU-Abgeordnete, die nicht mit dem Betreuungsgeld einverstanden sind, bewusst der Sitzung ferngeblieben sind. Er selbst habe den Hammelsprung mitgemacht. „Als wir draußen standen, hat uns unsere Parlamentarische Geschäftsführerin, Katja Keul, gesagt, dass wir jetzt draußen bleiben“, berichtet Ott. Es könne sein, dass das Betreuungsgeld jetzt gar nicht mehr so komme. Dann hätte das taktische Manöver seinen Zweck erfüllt.