Der Triumph kam erst nach dem Tod
Die Ausstellung über Edouard Manet erzählt sein Leben und Wirken in elf Kapiteln — eine Reise in die (Kunst-) Geschichte Frankreichs im 19. Jahrhundert.
Edouard Manet — der Name ist für viele mit Bildern wie der „Olympia“ oder dem „Frühstück im Grünen“ verbunden. In der Wuppertaler Manet-Ausstellung (24. Oktober bis 25. Februar) sind die berühmten Bilder als großformatige Reproduktionen im zweiten eines elf Räume umfassenden Rundgangs im zweiten Stock vertreten. Die Originale werden von den Museen nicht herausgerückt, eine Ausleihe wäre zudem unerschwinglich. Manets Skandalwerke werden in den gesellschaftlichen Kontext gestellt, in dem der berühmte Impressionist malte. Museumsdirektor Gerhard Finckh erklärt: „Das Skandalöse war aber nicht die Nacktheit der dargestellten Frauen, sondern ihre Direktheit, sie schienen den Betrachter aufzufordern.“ Außerdem wurden sie im bürgerlichen Ambiente dargestellt. Das verletzte nicht nur das Schamgefühl des Kaisers. Manet durfte diese Werke nicht im etablierten Pariser Salon zeigen.
Gleichwohl strebte er sein Leben lang danach, genau hier auszustellen. Dabei ging es ihm weniger um den wirtschaftlichen Erfolg. Ein Jahr nach seinem frühen Tod 1883 gelang es seinen Impressionisten-Freunden, eine Ausstellung mit seinen Werken in der École des Beaux Arts durchzusetzen, zu seinem hundertsten Geburtstag veranstaltete das Musée de l’Orangerie in Paris dann eine große Retrospektive — ein „Triumph Manets“ wie es im Vorwort des Katalogs damals hieß.
Diesen Begriff, diese Ehrerweisung, greift die Von der Heydt-Ausstellung im ersten Raum auf und präsentiert den Maler zunächst als Foto, das von Werken anderer berühmter Künstler umrahmt wird — der große Künstler mit einem Hofstaat aus Kollegen.
Raum drei widmet sich dem Werdegang Manets, der den 18-Jährigen zunächst in die Schule des Historienmalers Thomas Couture und in die Malerkolonien von Barbizon sowie auf verschiedene Reisen durch Europa führte. Seine ursprüngliche Liebe zum Meer, die der 16-Jährige auf einem Schulschiff nach Rio de Janeiro überprüfte, wird in Raum fünf thematisiert, in dem Bilder zum Thema Meer hängen.
Weitere Werke Manets waren der in den 1830er Jahren einsetzenden Spanienmode geschuldet (Raum sechs), der Auseinandersetzung mit der Fotografie, die für Manet nicht das von einigen befürchtete Ende der Malerei, sondern Hilfsmittel und interessantes Métier war. So ließ er sich gerne fotografieren und sammelte die damals beliebten cartes de visite (Raum vier). Auch setzte er sich mit der Druckgrafik auseinander, suchte dabei seinen eigenen Weg (Raum zehn).
Vor allem aber war Manet politischer Maler, erlebte Kriege und Aufstände, einen König, einen Kaiser und die Republik — für die er eindeutig Stellung bezog. „Vive la République!“, dieser Spruch ziert zusammen mit der französischen Flagge einen aquarellierten Briefbogen, den er oft verschickte.
Im neunten Raum lernt der Besucher aber nicht nur Manets malerische Verarbeitung, zum Beispiel der Erschießung des Kaisers von Mexiko 1867, kennen. Er wird auch über das Zeitgeschehen selbst mit ausführlichen Texten und Fotografien informiert.
An Manets ImpressionistenFreunde, die „Bande à Manet“ (wie sie in Paris genannt wurden) erinnert der achte Raum. Manet stellte zwar nie mit ihnen gemeinsam aus, unterstützte sie aber und modifizierte unter ihrem Eindruck seinen Malstil. Auch andere Malerfreunde werden hier gezeigt — besonders schätzte Manet Berthe Morisot, die 1874 seinen Bruder Eugène heiratete.
Im elften Raum schließt sich der Kreis. Er zeigt Fotos der Ehrenausstellung nach seinem Tod und Manet, der bewusst Bürger war und zugleich die bürgerliche Gesellschaft seiner Zeit in ihren Aktivitäten abbildete. Hier sind auch seine letzten Werke aufgehängt, die er, an den tödlichen Folgen der Syphilis leidend, 1882/83 von seinem Haus in Reuil malte.