Millionen für Hilfesuchende Der Verein „WiN“ wirkt seit 1998 in bester Wuppertaler Tradition

Wuppertal ist schön, aber nicht reich. Und viele seiner Einwohner sind akut auf Hilfe angewiesen. Um diese Hilfe zu leisten, haben die Wuppertaler Medienhäuser vor fast 21 Jahren eine Organisation gegründet.

Lothar Leuschen (WZ), Hendrik Walder (Wuppertaler Rundschau) und Georg Rose (Radio Wuppertal, v.l.) im Gespräch mit WZ-Redakteurin Katharina Rüth.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Gäbe es ihn nicht schon, dann müsste irgendwer ihn erfinden. Aber es gibt ihn, und das nun schon seit mehr als 20 Jahren. Das ist gut und schlecht zugleich. WiN, der Verein Wuppertaler in Not, ist eine Frage der Perspektive. Gut, dass es ihn gibt, schade, dass es ihn geben muss. Dass so ein Verein gebraucht wurde, war Ernst-Andreas Ziegler (80) sonnenklar. Er war Leiter des Presseamtes, ist leidenschaftlicher Journalist und der eigentliche Gründer des Vereins. Ziegler hatte nicht nur die Idee, sondern auch das Beharrungsvermögen, diese Idee in die Tat umzusetzen. So war das schon, als er zum Stadtjubiläum aus purer Geldnot den Langen Tisch erfand und so war es, als ihm eine höchstwertige Hochschule für Kinder auch aus bildungsfernen Schichten einfiel. Heute ist die Junior Uni ein Leuchtturm für Wuppertal und Vorbild für für Planungen in anderen Städten.

WiN hingegen ist bis heute einmalig geblieben. Es ist eben nicht üblich, dass Medienunternehmen zusammenarbeiten, die eigentlich miteinander konkurrieren. Ernst-Andreas Ziegler war und ist in der Lage, solche Widersprüche aufzulösen. Es hat nicht sehr lange gedauert, die Redaktionen von Westdeutscher Zeitung, Wuppertaler Rundschau, des Westdeutschen Rundfunks und des Lokalsenders Radio Wuppertal von der Idee zu überzeugen, einen Hilfsverein zu gründen, der vollständig ehrenamtlich arbeitet und der zu 100 Prozent jeden Pfennig weitergibt, den er einnimmt. So sind in den vergangenen fast 21 Jahren insgesamt etwa 2,5 Millionen Euro so eingesetzt worden, dass sie wirklich dort ankamen, wo sie dringend benötigt wurden, schnell, ohne Umwege und ohne Bedingungen.

Das ist die Stärke von Wuppertaler in Not. Der Verein hilft hürdenlos und vollkommen bürokratiefrei. Das ist das Prinzip. Und knapp 25 ehrenamtliche Mitarbeiter stellen sicher, dass es funktioniert. Jedes Jahr bearbeitet WiN zwischen 400 und 500 Fälle. Die Hilfesuchenden wenden sich per Telefon an die Redaktionen oder per E-Mail direkt an die Geschäftsstelle, die ebenfalls ehrenamtlich von zwei Geschäftsführerinnen betreut wird. Von dort aus werden Zweierteams zu den Hilfesuchenden geschickt, um sich an Ort und Stelle ein Bild von der Notlage zu verschaffen und Problemlösungen zu besprechen. Denn es ist nicht immer Geld, das fehlt, manchmal hilft auch eine zielgenaue Beratung und die Weiterleitung an eine Behörde oder eine Institution weiter. Aus diesem Grund arbeitet WiN intensiv mit einem Netzwerk aus Hilfsorganisationen, Vereinen, den Kirchen und mit der Stadtverwaltung zusammen.

Meistens aber geht es um Beträge, die für die meisten Wuppertaler von überschaubarer Höhe, für viel zu viele aber auch existenziell sind. Es ist nicht in jedem Haushalt üblich, eine Waschmaschine von heute auf morgen ersetzen zu können, wenn die alte Maschine den Dienst endgültig quittiert hat. Es ist auch nicht für jeden Wuppertaler selbstverständlich, eine zerbrochene Brille unverzüglich reparieren oder austauschen zu können. Oft sind es 150 oder 300 Euro die fehlen, ebenso oft reicht das Geld nicht mehr, um den Kühlschrank zu füllen, und viel zu oft sind es Stromkosten, die nicht mehr bezahlt werden konnten, weil das niedrige Einkommen einfach nicht für einen Monat leben reicht.

Das sind die Fälle, in denen WiN einspringt, seit mehr als 20 Jahren und mit leider steigenden Zahlen. Seit 1998 ist der Hilfsbedarf in Wuppertal stetig gewachsen. Jedes Jahr verteilt der Verein Wuppertaler in Not mehr als 100 000 Euro in akuten Notlagen. Das Geld dafür erhält WiN durch Spenden, aus Erbschaften und bisweilen auch von Gerichten, die Bußgelder an gemeinnützige Vereine bezahlen lassen. Zuletzt hat der damalige Fußball-Bundesligist 1. FC Köln auf seine Antrittsprämie für ein Testspiel beim Wuppertaler SV verzichtet, um WiN zu unterstützten.

Helfen hat Tradition in Wuppertal. Den Bürgern dieser Stadt waren Elend und Not noch nie gleichgültig. Sie sehen, wo Unterstützung gebraucht wird, und handeln entsprechend. Vielleicht besteht ein Verein wie Wuppertaler in Not deshalb nur in Wuppertal. Und auch wenn es schade ist, dass es ihn geben muss, so ist es doch gut, dass es ihn gibt.