Diakonie steht unter Spardruck: 2012 fehlen 280.000 Euro

Zeughausstraße wird vermutlich aufgegeben. Weitere Bereiche stehen auf dem Prüfstand.

Wuppertal. Die Diakonie muss sparen. Alle Fachbereiche und vor allem die psychologische Beratungsarbeit und die Wohnungslosenhilfe für Frauen (Hopster Fiala Haus) stehen auf dem Prüfstand. Das evangelisch psychologische Beratungszentrum Zeughausstraße wird in dieser Form und an diesem Standort aller Voraussicht nach zum Jahresende aufgegeben. Die Schwangerschaftsberatung und die Erziehungsberatung werden an anderen Diakoniestandorten weitergeführt. Offen ist die Zukunft der Ehe- und Lebensberatung.

„Der Standort Zeughaustsrasse und die personelle Ausstattung stehen zur Debatte“, sagt Diakoniedirektor Martin Hamburger. „Aber natürlich werden wir das Beratungsangebot fortführen. Die Ehe- und Lebensberatung ist für uns als Kirche ein sehr wichtiger und sensibler Bereich.“ Kündigungen unter den 230 Vollzeitstellen (345 Personen) werde es aber nicht geben, alles soll sozialverträglich über die Bühne gehen. Die Zeughausstraße ist mit 6,5 Vollzeitstellen besetzt. Dahinter steht ein grundsätzliches Problem: „Wir müssen Spardiskussionen in allen Arbeitsbereichen führen“, sagt Thomas Bartsch, Leiter Fachbereich Betriebswirtschaft und Finanzen. „Wirtschaftlich liegen bei uns die Nerven blank.“ Der Grund: Erstmals seit vielen Jahren ist das diakonische Werk bei einem Gesamtbudget von 13 Millionen Euro mit einem Planungsdefizit von 280 000 Euro in das laufende Jahr gestartet. 500.000 Euro fließen jährlich in die Zeughausstraße, 250 000 Euro davon sind kirchliche Mittel. Wie berichtet, ist auch das Hilfesystem für wohnungslose Frauen chronisch unterfinanziert. 100 000 Euro fehlen pro Jahr. Die Diakonie hat die Aufgabe für die Stadt übernommen.

Viele der städtischen Zuschüsse sind seit zehn Jahren eingefroren — bei gleichzeitig steigenden Kosten. „Wir hegen keinerlei Wut gegen die Stadt. Aber wir müssen unsere Probleme lösen“, sagt Thomas Bartsch. In diesem Zuge müsse sehr wohl diskutiert werden, welche Aufgaben möglicherweise an die Stadt zurückgegeben werden müssen. Die Stadt muss einige Beratungsangebote vorhalten, weil es sich um Pflichtaufgaben handelt. Die Höhe der Zuschüsse ist aber nicht festgeschrieben.

Gleichzeitig gibt es Überlegungen, ob andere Möglichkeiten der Finanzierung in Frage kommen — etwa über Spenden, oder ob die Gemeinden stärker in die Ehe- und Lebensberatung eingebunden werden können. „Wir dürfen aus gemeinnützigkeitsrechtlichen Gründen für die diakonische Arbeit keinen Vermögensstock aufbauen, um vorzusorgen. Deshalb müssen wir in Krisensituationen kurzfristig reagieren, sonst führt ein Defizit zum Desaster“, sagt Bartsch.

Bis zu 80 Prozent der Ausgaben entfallen auf Personalkosten, deshalb hätten die Tariferhöhungen der vergangenen Zeit „verheerende Folgen“ gehabt. Über neun Millionen Euro an Personalkosten hat die Diakonie jährlich, eine beschlossene Tariferhöhung um 3,5 Prozent in diesem Jahr wird die Diakonie zusätzlich 315.000 Euro kosten. „Ein Tarifausstieg ist undenkbar“, beruhigt Diakoniedirektor Hamburger.

Außerdem bekommt die Diakonie zeitverzögert die rückläufigen Mitgliederzahlen der evangelischen Kirche und damit der Kirchensteuer zu spüren. Die Kirchensteuerzuweisungen werden entsprechend dem Gesamtaufkommen proportional an die Diakonie weitergereicht, sie sind seit vielen Jahren stark rückläufig. Das Traurige: „Der Bedarf an unseren Angeboten ist Stadt riesig. Die Dienste sind voll und werden gut angenommen“, sagt Hamburger. Bei der Lebensberatung wie auch bei anderen Angeboten sind die Wartezeiten lang, es gibt nur wenige Anbieter in der Stadt.

Übrigens: Die erste Sparrunde hat die Diakonie hinter sich: Verwaltungs- und Sachkosten wurden reduziert, Aufgabenbereiche zusammengelegt. Die Richtung dafür wurde mit der Fusion der Diakonie Elberfeld und Barmen 2005 vorgegeben. „Wir haben bereits sämtliche Synergien ausgeschöpft“, sagt Thomas Bartsch.