Offen gesagt Eine Frage der Sicherheit
Wuppertal. Wie werden die jüngsten Anschläge und der Amoklauf von München unsere Gesellschaft verändern? Derzeit überschlagen sich die Politiker aller Himmelsrichtungen mit Vorschlägen für neue Sicherheitspakete.
Nicht alle Forderungen sind realistisch, nicht alle zielführend, denn bei allem schrecklichen Leid, das den Menschen zugefügt wurde, ist Deutschland immer noch ein sicheres Land. Und der Wunsch nach mehr Sicherheit rechtfertigt nicht alle Mittel.
Reinster Populismus ist der Ruf nach der Bundeswehr. Wenn hingegen die Bahn ankündigt, dass sie ihr Sicherheitspersonal nach dem Anschlag in einem Nahverkehrszug bei Würzburg massiv aufstocken will, sollten die Wuppertaler genau hinhören.
Wer einmal zu später Stunde in einer S-Bahn oder einer Regionalbahn von Düsseldorf oder Köln in Richtung Wuppertal unterwegs gewesen ist, kennt vielleicht das mulmige Gefühl, das sich breit macht, wenn Passagiere einsteigen, die das Zugabteil als rechtsfreien Raum betrachten. Die anderen Fahrgäste fühlen sich in solchen Situationen ausgeliefert, denn Hilfe dürfen sie kaum erwarten — weder im Zug noch beim Aussteigen an einem oft menschenleeren Bahnhof.
Wie wird die Situation nach der Fertigstellung des neuen Döppersbergs am Hauptbahnhof sein? So wie vor Beginn der Bauarbeiten, als dem Angstraum Bahnhof der Angstraum Fußgängertunnel folgte?
Nein, hoffentlich nicht. Denn es bleiben ja noch gut zwei Jahre Zeit, um ein Sicherheitskonzept für Wuppertals Hauptverkehrsknotenpunkt zu erstellen. Ein Konzept, in dem im Idealfall die Bundespolizei, die Landespolizei, der Sicherheitsdienst der Bahn und das Ordnungsamt der Stadt Wuppertal optimal zusammen arbeiten, Präsenz zeigen und Sicherheit vermitteln.
Bis dahin muss aber einiges geschehen, denn noch ist die angekündigte Personalaufstockung beim Sicherheitsdienst der Bahn nur ein frommes Versprechen von Bahnchef Gruber. Und noch ist die Wache der Bundespolizei im Wuppertaler Hauptbahnhof personell nach Lage besetzt — also häufig verwaist, weil das Personal für andere Einsätze abgezogen wird. In ihrer Wache am Döppersberg übernimmt die Wuppertaler Polizei viele Aufgaben. Doch damit könnte Ende 2017 Schluss sein, weil die Wache aus dem Köbo-Haus ausziehen muss und die Polizei noch keinen neuen Standort in Bahnhofsnähe gefunden hat. Die Suche gestaltet sich zäh wie die Bürokratie, die ein effektives Miteinander von Bundes- und Landespolizei wegen des Gerangels um Zuständigkeiten verhindert.
Der neue Döppersberg darf jedoch kein neuer zentraler Angstraum werden. Noch haben Bund, Land, Bahn und Stadt etwas Zeit, um sich besser abzustimmen. Der Döppersberg wird ab 2019 tagsüber mehr Menschen anziehen als jeder andere Ort in Wuppertal. Er wird nachts eine riesige Fläche sein, die nicht denen überlassen werden darf, die keine Regeln und Gesetze kennen. Viel wurde bisher über Primark oder das Outlet-Center diskutiert — zu wenig über fundamentale und drängende Fragen der Sicherheit.