Eine muss den Anfang machen
Um es vorwegzusagen: Wuppertal allein wird das Weltklima nicht retten können. Aber wenn Wissenschaftler recht haben, dann mussten Barmen und Elberfeld am Dienstag erleben, was geschehen kann, wenn die Dinge so weitergehen wie bisher.
Es grenzt an ein Wunder, dass durch die Sturzfluten in der Wupper und auf den Straßen nur zwei Menschen leicht verletzt wurden. Und es ist aller Ehren wert, wie Feuerwehrleute und Polizisten in dieser bedrohlichen Lage den Überblick behielten und das Allerschlimmste verhinderten.
Doch die Sachschäden sind auch so schlimm genug. Einen zweistelligen Millionenbetrag muss Wuppertal aus der eigenen Kasse aufbringen, um die Spuren des Jahrtausendereignisses, wie die Stadtwerke es nennen, zu beseitigen. Das ist irritierend für jeden, der seine Kinder, sein Auto, sein Haus und sogar seinen Hund gegen alles Mögliche versichern kann. Eine Stadt kann das anscheinend nicht. Wenn die Angaben aus dem Rathaus stimmen, dann sind Elementarversicherungen für Kommunen so teuer, dass Schäden billiger sind. Bisher jedenfalls. Am Dienstag ist diese Rechnung vermutlich nicht mehr aufgegangen. Jetzt zahlen alle Wuppertaler den Preis für das riskante Glücksspiel.
Nun wäre es ein Leichtes, dem Oberbürgermeister oder dem Kämmerer oder sonst wem im Rathaus daran die Schuld zu geben. Aber das wäre gleichzeitig auch ein wenig ungerecht. Dass Städte sich Versicherungsprämien nicht leisten können, liegt einerseits an den Versicherern. Deren Geschäft ist es grundsätzlich, die Kunden so zu versichern, dass die Versicherung mit Sicherheit daran Geld verdient. Das ist im Grunde auch so lange nicht zu kritisieren, wie das Geschäft nicht zu einseitig ist. Im Falle vieler Kommunen gibt es aber gar kein Geschäft.
Das wäre vermutlich anders, wenn Städte wie Wuppertal und viele andere in Deutschland nicht jeden Cent mittlerweile dreimal umdrehen müssten, wenn Kommunen finanziell so ausgestattet wären, dass sie sich den vermeintlichen Luxus einer Elementarschadenversicherung leisten könnten. Doch darauf können die Kämmerer der ärmeren Städte zwischen Flensburg und Passau wahrscheinlich lange warten. Bis ein Bundesfinanzminister zugunsten von Städten und Gemeinden auf Milliarden verzichtet, regnet es noch sehr oft auf Wuppertal. Und der ernsthaft nicht mehr zu leugnende Klimawandel droht an, dass sich Fluten wie die am Dienstag wiederholen werden. Einen Vorgeschmack gab es am Freitag bereits wieder.
Kurz und mittelfristig ist dagegen wohl kein Kraut gewachsen. Langfristig schon. Und dafür könnte Wuppertal heute die Saat ausbringen. Wie? Indem die Stadt Zeichen setzt. So könnten Rat und Verwaltung sich zu einem umweltschonenderen Verkehrskonzept durchringen, das ein vernünftiges Miteinander von Auto, Bus und Fahrrad ermöglicht. Energiesparen könnte mit Hilfe von Anreizen durch die Stadtwerke in Wuppertal eine Art Breitensport werden. Und wenn der eine oder andere Wuppertaler bisweilen auf den Komfort verzichtet, zum Wochenendbrötchen beim Bäcker um die Ecke mit dem Auto zu fahren, wäre auch schon viel gewonnen. Ganz zu schweigen von Mama- und Papataxis, ohne die viele Kinder dank Bus, Schwebebahn und eigener Füße auch zur Schule kämen.
Wuppertal wird, wie gesagt, das Weltklima allein nicht retten können. Doch wenn es voranschreitet und viele andere Städte dem Beispiel folgen, dann kann es was werden. Aber eine Stadt muss den Anfang machen.