Erika Osenberg: „Ich hätte mir mehr Respekt gewünscht“
Nach ihrer Niederlage bei den Vorstandswahlen der Werbegemeinschaft Aktion V spricht die ehemalige Vorsitzende Klartext.
Frau Osenberg, 20 Jahre haben Sie der Aktion V vorgestanden, nun ist ein neuer Vorstand gewählt worden. Wie geht es Ihnen?
Erika Osenberg: Wie soll es mir schon gehen? Ich habe etwas hergeben müssen, das mir sehr am Herzen lag.
Sie hätten für eine weitere Amtszeit zur Verfügung gestanden?
Osenberg: Sicher hätte ich weitergemacht, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass mir — wie schon seit Jahren immer wieder gefordert — ein möglicher Nachfolger zur Seite gestellt wird, damit derjenige sich mit ausreichend Zeit in die vielen Aufgaben einfinden kann. So wie jetzt ist das denkbar schlecht gelaufen.
Inwiefern?
Osenberg: Es war eine seltsame Versammlung, die sich da eingefunden hatte — mit Gesichtern, die ich in all den Jahren bei keinem Meeting gesehen habe. Diese Teilnehmer beschlossen nun also recht zügig, die Abstimmung mitzutragen.
Sie sind also abgewählt worden?
Osenberg: „Abgewählt“ ist hier nicht das richtige Wort, denn abwählen kann man nur jemanden, der sich während der Ausführung des ihm übertragenen Amtes eines Vergehens schuldig gemacht oder Schaden verursacht hat. Sagen wir mal so: Die turnusmäßige Wahl hat stattgefunden, und ich wurde überstimmt.
Das ist aber ja eigentlich ein normales Prozedere. Was empfinden Sie als so unwürdig?
Osenberg: Der Wahlablauf war peinlich und auch beschämend, allerdings Letzteres nicht für mich, sondern vielmehr für diejenigen, die diese Farce angestrengt hatten. Mit jedem Satz war die Vorbereitung und das im Voraus abgesprochene Ergebnis deutlich zu spüren, und die Initiatoren dieses Spektakulums waren auch deutlich auszumachen, wie mir später mehrfach bestätigt wurde.
Nun könnte man aber auch argumentieren, dass nach 20 Jahren vielleicht einmal ein Wechsel gewünscht wird?
Osenberg: Das hätte aufgrund meiner immer wieder geäußerten Bitten schon vor Jahren passieren können und sollen. Nur scheute man die zeitaufwendige Arbeit und hat wahrscheinlich so lange gewartet, bis es jemanden gab, der über ausreichend Zeit verfügt.
Was hätte im Vorfeld anders laufen müssen?
Osenberg: Das kann ich Ihnen noch nicht einmal sagen, denn alle geführten Gespräche liefen immer auf Gemeinsamkeit hinaus. Von keiner Seite war ein solches Vorgehen auch nur im Geringsten angedeutet worden. Es wäre einfach gewesen, mit mir vorher ein Gespräch zu führen. Ich hätte mir mehr Respekt gewünscht im Sinne von: „Du, wir wollen mal wechseln. Zieh’ doch deine Kandidatur zurück.“ Das wäre eine ehrliche Geste gewesen, und sie hätte auch Niveau gehabt.
In zwei Jahrzehnten haben Sie sich ja nicht nur für die Aktion V engagiert und jährlich den Vohwinkel-Tag organisiert. Woran erinnern Sie sich besonders gern?
Osenberg: Es geht gar nicht mal darum, etwas ins Leben zu rufen. Wichtiger ist das Pflegen von Traditionen, um einen attraktiven Stadtteil zu erhalten. Viele Events haben dazu beigetragen. Mir kommt da das Rockkonzert auf dem Lienhardplatz in den Sinn, auch ein großes Sportfestival war ein tolles Ereignis. Viele Wettbewerbe, Preisausschreiben und Schaufensteraktionen haben immer wieder Bewegung gebracht. Mit Freude denke ich an die 1. Christmas-Oldie-Night bei Hako zurück, zu der der Firmeninhaber eine tolle Dekoration geliefert hatte. Wir hatten einen Riesenspaß.
Könnten Sie sich vorstellen, Ihren Einsatz für Vohwinkel in anderer Weise oder Funktion fortzuführen?
Osenberg: Ich bin ja im Kuratorium des Johanniter-Stiftes, in dem ich früher auch mit Regelmäßigkeit einen „Geschichten-Erzähl-Nachmittag“ veranstaltet habe. Aber einerseits wegen der vielen Vereinsarbeit, zum anderen dann aber auch aufgrund meines Unfalls musste ich dieses Engagement zurückstellen. Nun hab’ ich wieder die Zeit, mehr für dieses Haus und seine Bewohner zu tun.
Sie haben den Aktion V-Mitgliedern einen Abschiedsgruß geschrieben.
Osenberg: Ja, es war mir einfach ein Bedürfnis, etwas richtig zu stellen, was durch den Ablauf der Sitzung in ein falsches Licht gerückt worden war. Ich habe in diesem Brief den Ablauf deutlich erklärt, aber auch für 20 Jahre Vertrauen gedankt. Vermissen werde ich mein „Kind“, das ich gehen lassen muss. Dazu eine Handvoll an treuen Weggefährten.
Wie schätzen Sie die Situation des Vohwinkeler Einzelhandels ein — ist das Zentrum für kommende Herausforderungen gerüstet?
Osenberg: Der Vohwinkeler Einzelhandel muss an der Einsicht arbeiten, verstärkt mit der Zeit zu gehen und sich Neuem nicht zu verschließen. Es gilt, Attraktivität und Aktionen in die Geschäfte zu bringen, um einerseits mithalten, andererseits aber auch den sich verstärkt verbreitenden Filialisten Paroli bieten zu können.
Was müsste dringend angegangen werden?
Osenberg: Ein dringendes Problem ist der zügige Ausbau und die Erweiterung des Vohwinkeler Zentrums. Nur ein attraktives Einkaufszentrum, so, wie von den Investoren Schulz und Clees vorgesehen, bietet in dieser Zeit die Chance zum Überleben des Stadtteils.
Ein letztes Wort an den neuen Vorstand — und an die Vohwinkeler?
Osenberg: Ich wünsche ihm eine glückliche Hand, diesem Stadtteil gerecht zu werden. Was er dazu braucht ist Einsatz, Kreativität, Zeitaufwand, Kontaktpflege, Durchsetzungskraft und gute Gedanken. Meine sämtlichen Unterlagen, mehr als 40 Ordner, habe ich bereits zum Nachschlagen weitergegeben. Wichtiger aber sind mir die Wünsche für mein Vohwinkel und seine Menschen, die in einer angenehmen und landschaftlich wunderschönen Stadt wohnen. Es wäre schön, wenn Außenstehende neidvoll auf diesen Wuppertaler Stadtteil schauen würden nach dem Motto: „Ja, Ihr — Ihr wohnt ja auch in Vohwinkel!“