Finissage Finissage im Elberfelder Rathaus: „Diese Stadt atmet Geschichte“

Gelungener Abschluss zur Ausstellung über die Revolution vor 100 Jahren.

Musik im Elverfelder-Rathaus: Ulrich Klan spielte bei der Finnissage zur Ausstellung über die Revolution vor 100 Jahren.

Foto: Fischer, Andreas H503840

„Vorgestern sah ich ein kleines blondes Mädchen, wie Du eines bist. Das hockte am Straßenrand und streichelte gedankenverloren den Kopf eines sterbenden Pferdes. Das machte mich sehr traurig,“ schreibt Johann seiner Schwester Gretchen Ende 1918 von der Front und verdeutlicht mit diesem Bild die Schrecken des Krieges. Der Wuppertaler Schriftsteller Hermann Schulz liest aus seiner Erzählung „Der Vorposten“, in der es um das tragische Schicksal des Grenadiers Johann Raatschen im ersten Weltkrieg geht. So begann der Freitagabend im  Elberfelder Rathaus, in Raum 202.

Zum 100. Jahrestag der Gründung der ersten deutschen Republik initiierte der Bergische Geschichtsverein einen Arbeitskreis, der ein vielseitiges Jubiläumsprogramm auf die Beine brachte. Das Projekt „1918/1919 Revolution, Kriegsende, Gründung der ersten deutschen Republik“ beschäftigt sich mit den historischen Ereignissen in Deutschland und im Wuppertal.

Neben Vorträgen und Veranstaltungen zum Thema wurde seit Januar auch eine Ausstellung von Reiner Rhefus, Mitarbeiter des Historischen Zentrums, sowie Studierenden der Bergischen Universität und des Bergischen Kollegs Wuppertal gezeigt. Im früheren Rathaus Elberfelds wurden Forschungsergebnisse präsentiert und Besucher konnten sich auf eine Zeitreise einlassen. „Ich bekomme von den Mitarbeitern des Rathauses die Rückmeldung, dass über die Führungen hinaus viele Leute interessiert sind“, betont Rhefus.

Am Freitag endete die Ausstellung  mit einer literarisch-musikalischen Finissage, unterstützt vom Historischen Zentrum und der Bergischen Universität. Durch den Abend führten vor vollbesetztem Publikum Prof. Wolfgang Heinrichs von der Universität und Beatrix Burghoff, Geschichtslehrerin am Bergischen Kolleg.

Lieder aus der Zeit vor 100 Jahren runden den Abend ab

„Wir haben Geschichte. Wir sind Geschichte. Und wir verkörpern Geschichte“, begann Prof. Reulecke (Uni Gießen)  seinen Vortrag.  Sein Thema ist die Kultur und Mentalitäten der Bergischen Region in der Nachkriegskrise. Die Rede selbst galt der Verarbeitung der aus dem Krieg zurückkehrenden jungen Soldaten, die traumatisiert auf der Suche nach Führung waren. In ihrer Melancholie hätten sie Trost in neuen Liedern gesucht, die sie „selbst in die Zeit stellten.“

Eben solche Lieder rundeten den Abend ab. Die Sängerin Antonia Schnauber, von Christoph Schick am Klavier begleitet, und der Musiker Uli Klan präsentierten gesellschaftskritische Lieder der Zeit. „Mutter, wozu hast du deinen Sohn aufgezogen? … für den Graben, Mutter, für den Graben“, heißt es da in einem Chanson von Kurt Tucholsky, den Schnauber eindringlich vortrug.  Passend, denn der ganze Abend stand unter dem Motto eines 1918 von Tucholsky verfassten Textes: „So steh ich nun vor deutschen Trümmern.“

Nach seiner Motivation zur Ausstellung befragt, sagte Reiner Rhefus abschließend: „Diese Stadt atmet Geschichte. Ich möchte die Menschen und Biografien hier nicht in Vergessenheit geraten lassen. Das war mir ein Anliegen.“

Ein nachdenklich machender Abend und das Ende einer Ausstellung, die einen tief in die Geschichte Wuppertals eintauchen ließ, einer Geschichte geprägt von Aufbruchstimmung und Kriegswunden. Die gesamte Veranstaltungsreihe läuft noch bis Juli 2019.