Engels-Jahr 2020 200 Gesichter für Friedrich Engels

Barmen. · Am Freitag wurden die ersten Aufnahmen für die große Plane angefertigt, die anlässlich des Geburtstages des berühmten Wuppertaler Sohnes am Engels-Haus aufgehangen wird.

 Ralf Silberkuhl setzt seit Freitag Wuppertaler für eine Fotoaktion am Engels-Haus in Szene. Lichtkünstler Gregor Eisenmann mit Sohn Jonatan auf dem Arm war einer der ersten, der sich fotografieren ließen.

Ralf Silberkuhl setzt seit Freitag Wuppertaler für eine Fotoaktion am Engels-Haus in Szene. Lichtkünstler Gregor Eisenmann mit Sohn Jonatan auf dem Arm war einer der ersten, der sich fotografieren ließen.

Foto: Bartsch,G. (b13)

Zum 200. Geburtstag von Friedrich Engels: 200 Wuppertaler zeigen ihr Gesicht und werden „Teil eines Gesamtkunstwerks“, wie Kuratorin Valentina Manojlov beschreibt. Zur Wiedereröffnung des Engels-Hauses in Barmen am 28. November haben sich die Organisatoren ein besonderes Geburtstagsgeschenk einfallen lassen: Ein zehn Mal 16 Meter großes Banner mit Porträtfotos der Bürger und ein Bildnis von Friedrich Engels selbst soll die Fassade schmücken. „Wir wollten ein internationales Projekt mit internationaler Strahlkraft, das Wuppertalerinnen und Wuppertaler miteinbezieht“, beschreibt Christoph Grothe, Geschäftsführer des Engels-Projektbüros, den Gedanken dahinter. „Da kam Valentina Manojlov und sagte uns, das habe ich alles“, erzählt er.

Manojlov sieht in der Stadt
einen offenen Organismus

„Eine Stadt ist für mich ein offener Organismus. Da geht es einfach darum, dass Menschen sich an Prozessen der Stadt beteiligen, an der Geschichte, an Veranstaltungen. Ich finde es spannend, wenn sich Stadt, Mensch und Kunst im öffentlichen Raum treffen“, erklärt Valentina Manojlov das Konzept. Dafür nutzten sie eines der größten Kunstwerke der Welt, denn das Format der schwarz-weiß gehaltenen Porträts an Fassadenwänden findet international Anklang, inspiriert vom französischen Fotografen und Streetart-Künstler JR. Mit großformatigen Porträts, angebracht an Hochhäusern, Mauern oder Böden, macht er auf die Menschen auf seinen Fotos und ihre persönlichen Botschaften aufmerksam – wie die von Frauen, die in den Favelas von Rio de Janeiro leben.

Nach Wuppertal wurde das „Inside Out Project“ bereits 2014 von der Kuratorin gebracht. An der Fassade des ehemaligen Weinkontors an der Friedrich-Ebert-Straße wurden damals Porträts von 674 Wuppertalern gezeigt. Für die Bürger biete es die Möglichkeit, „auf kreativem Weg für etwas zu stehen, sich zu engagieren und sich mit ihrem Gesicht zu etwas zu bekennen – wie auch in diesem Fall für die Engelsgeschichte“, sagt Manojlov.

„Welche Rolle würde Engels heute spielen, wo würden Sie ihn sehen, was würden Sie ihm wünschen“, waren die Fragen, mit denen sich die Bürger bei ihrer persönlichen Botschaft beschäftigten. Wer sich mit einem Porträt samt Nachricht beteiligen wollte, konnte sich online anmelden. „In neun Tagen haben wir 240 Anmeldungen erhalten“, berichtet Sindy Peukert, zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Engels2020, über das Engagement der Bürger.

Gemacht wird immer nur ein Bild als Momentaufnahme

Geknipst wurde dabei nur ein Foto. Fotograf Ralf Silberkuhl, der sich schon zuvor mit Engels auseinandersetzte, etwa mit dem Projekt „when robots make art“ des  Bildhauers Eckehard Lowisch, sagt: „Ich muss nicht viel machen, ich achte nur darauf, dass der Hintergrund auch hinter der Person bleibt. Meine Aufgabe ist ansonsten die eines Foto-Automaten. Ich zähle von drei runter und mache dieses eine Bild.“ Denn es sei kein Beauty-Shooting. Ob jemand die Augen schließt oder zur Seite guckt, darum ginge es nicht, sondern um die Momentaufnahme. „Es ist ein Querschnitt durch die Gesellschaft“, beschreibt Christoph Grothe und hebt die Bandbreite hervor: „Wir waren erstaunt darüber, dass es so weit reicht.“ Von kurzen Statements bis hin zu persönlichen, längeren Auseinandersetzungen reichten die eingesendeten Nachrichten. Freunde von Kuratorin Manojlov seien auf sie zugegangen und haben ihr gesagt, wie toll sie es finden, sich mit Engels auseinandersetzen zu können. Zahlen, Daten, Fakten – die Hintergründe werden in die heutige Zeit übertragen. „Es bringt Menschen in den Prozess, dazu in eine andere Art und Weise nachzudenken“, sagt sie.

Ob Kleinkinder mit Begleitperson, Berufstätige, Senioren oder auch Künstler: Menschen jeden Alters und Hintergrundes haben mitgemacht. Neben Statements mit aktuellem Bezug wie zur Bürgermeisterwahl oder zur sozialen Ungleichheit, sind Botschaften zum 200. Geburtstag von Friedrich Engels zu lesen wie: „Hallo Herr Engels! Die Menschen kämpfen noch immer für Gerechtigkeit. Es wird besser. Millimeter für Millimeter, wegen Menschen wie Ihnen. Danke!“ Oder: „Danke für Deinen unermüdlichen Kampf gegen Ausbeutung und für mehr Gerechtigkeit! Hättest du mich gefragt, ich wäre sofort mit dir ausgegangen!“

Manojlov ist sich sicher: „Es schafft einen Erinnerungswert – an die Figur, an das Engelsjahr, an das Engelshaus. „Es gibt einige Denker in Wuppertal, vielleicht werden es Macher“, nimmt Christoph Grothe Bezug zum berühmten Sohn Wuppertals.