Offen gesagt Gesetze schützen Schulen
Wuppertal. Muslimische Schüler fallen durch „provozierendes Beten“ auf - Wirbel an Wuppertaler Gymnasium — so lautet die Titelzeile in einem seriösen Medium in dieser Woche. Was auf diversen Seiten im sozialen Netzwerk an unseriösen Kommentaren zum Thema abgesondert wurde, muss an dieser Stelle nicht wiederholt werden.
Im Internet konnten sich alle austoben, denen es in unruhigen Zeiten vor allem darum geht, Diskussionen eskalieren zu lassen und vermeintlich Schuldige an den Pranger zu stellen. In dieser Disziplin sind politische und religiöse Extremisten unabhängig von ihrer Gesinnung und Glaubensrichtung besonders geübt.
Doch wer sind denn nun die Bösen im Streit um das angebliche Gebetsverbot im Rau-Gymnasium? Bei der Aufklärung lohnt es sich, die Abläufe chronologisch zu betrachten: Die Schulleitung erfährt von rituellen Waschungen muslimischer Schüler in den Schultoiletten und dem Ausrollen von Gebetsteppichen. Die Schulleitung richtet eine interne Bitte an das Lehrerkollegium, die Namen der Schüler festzustellen und die Fälle den Direktoren zu melden.
Die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde hat das Verhalten der Schulleitung gebilligt und lediglich die unglückliche Wortwahl kritisiert. Grundsätzlich bestehe aber die Möglichkeit im Rahmen des Hausrechts, so zu handeln: „Das verfassungsmäßige Gebot des Funktionierens des Schulbetriebes und des Bildungsauftrags Art 5 GG, geht der Religionsausübungsfreiheit vor.“
Mehr als die Wortwahl ist der Vertrauensbruch zu kritisieren, der zur Veröffentlichung des Schreibens geführt hat. Man darf nicht vergessen, dass das Papier für einen kleinen Kreis von Menschen bestimmt war, die mit der Thematik vertraut sind, die spezielle Erfahrungen und Hintergrundwissen an ihrer Schule haben und es einzuordnen wissen. Über das Internet wird das Schreiben zum Objekt der Spekulationen und beschäftigt inzwischen sogar internationale Medien. Je nach Gesinnung lassen sich die wenigen Zeilen als Aufruf zur Rettung des Abendlandes oder zur Abschaffung der Religionsfreiheit interpretieren. Und je nach böser Absicht als Notwehr gegen eine Überfremdung oder eine Unterdrückung des muslimischen Glaubens.
Die Lehren aus einem solchen Fall müssen die Schulen schleunigst ziehen. Der Kopftuchstreit an der St. Laurentius-Schule, einer katholischen Hauptschule, ist noch in Erinnerung. Schnellschüsse und einsame Entscheidungen können im Zeitalter von Facebook und Co. fatale Wirkung haben. Die gesetzlichen Regelungen hingegen sind klar: Das Beten ist dann unbedenklich möglich, wenn es den Schulbetrieb nicht beeinträchtigt. Ansonsten gilt das Neutralitätsgebot staatlicher Schulen in religiösen Angelegenheiten — denn Religion ist Privatsache. Darauf können Schulleitungen und Lehrer ihre Entscheidungen aufbauen. In der Zukunft ist ihnen Besonnenheit und Gelassenheit zu wünschen. Die Gesetze schützen die Schulen nämlich ausreichend davor, zum Austragungsort religiös motivierter Interessenskonflikte zu werden.