Interview Greenpeace: „Das Kaffeebecher-Pfand kommt von uns“

Stephanie Walter und Ralf Weyer von Greenpeace über den Primark-Kubus und Soziale Medien.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Der Döppersberg-Umbau geht voran, die Wuppertaler Greenpeace-Gruppe hat ihr Büro direkt am Ort des Geschehens.

Frau Walter, Sie beschäftigen sich mit der Bekleidungsindustrie. Wie sehen Sie den Bau des Primark-Gebäudes am Döppersberg?

Stephanie Walter: Wir haben lange dagegen protestiert, aber es hat nichts genützt. Jetzt wird das Gebäude größer und dominierender als in meinen schlimmsten Vorstellungen. Für die Stadt, in der Friedrich Engels gewirkt hat und die lange selbst die Bekleidungsindustrie beherbergt hat, durch die Arbeiter und Natur ausgebeutet werden, geht das eigentlich nicht.

Warum?

Walter: Primark ist die Zuspitzung der „Fast-Fashion“-Industrie. Früher gab es zweimal im Jahr einen Kollektionswechsel. Heute passiert das alle zwei Monate. Es werden viel zu viele Kleidungsstücke produziert. Das hat negative ökologische wie soziale Folgen in den Hersteller-Ländern.

Aber es gibt auch Gegenbewegungen.

Walter: Ja, in Wuppertal gibt es viele Beispiele für eine Alternativ-Bewegung. Allen voran der Mirker Bahnhof. Dort haben wir vor Kurzem eine Kleidertauschbörse organisiert. Die Leute konnten mit alten, aber gut erhaltenen Sachen kommen und die gegen andere Kleidungsstücke tauschen — ganz ohne Geld. Das hat Spaß gemacht und kam gut an.

Inwiefern?

Ralf Weyer: Es war viel los. Aber vor allem in den sozialen Netzen haben wir viel Aufmerksamkeit dadurch erhalten. Die Aktion, die unsere jüngeren Mitglieder organisiert haben, hat online etwa 9000 Personen erreicht. So viele erreichen wir mit der konventionellen Arbeit an Ständen oder mit Ausstellungen nicht.

Woran liegt das?

Walter: Viele Jüngere mögen es nicht, wenn die Informationen nach erhobenem Zeigefinger aussehen. Aber wir haben eben auch eine Stammklientel, die die Informationsangebote wertschätzt. Deshalb bleiben wir da zweigleisig unterwegs.

Aber mit so einer greifbaren Aktion haben Sie schon mehr Menschen erreicht, als sonst. Gibt es andere handfeste Planungen bei Ihnen?

Weyer: Wir sind involviert in die Planungen für das Pfandsystem für Kaffee-Becher. Der Vorschlag der SPD beruht eigentlich auf einer Idee von uns, das wurde später nicht erwähnt.

Was passiert da gerade?

Weyer: Zuletzt waren wir mit dem Stadtmarketing und der Stadtverwaltung im Gespräch. Das Umweltamt hat Fragebögen verschickt, wie andere Städte dieses System aufgebaut und umgesetzt haben. Sollte die Idee durchkommen, werden wir uns der Aufgabe stellen, die Händler zu überzeugen. Aber da gibt es noch viel zu organisieren und zu planen.

Warum sind Pappbecher so im Fokus bei Ihnen?

Weyer: Pappbecher sind zu einem größeren Problem geworden als Plastiktüten — und es breitet sich weiter aus. Die Becher werden aus frischem Papier gemacht und dafür wird teilweise immer noch Urwald abgeholzt.

Wenn das nicht klappt — was dann?

Weyer: Wenn die Entscheidung gegen ein Pfandsystem fallen sollte, dann wünschen wir uns zumindest, dass die Kunden ihren Kaffee in mitgebrachte Becher füllen können und dafür Rabatt bekommen. Das wäre besser als nichts.

Zurück zum Döppersberg: Die B7 wird teils achtspurig ausgebaut. Dabei soll die Stadt doch Fahrradstadt werden.

Weyer: Die Planungen für den Döppersberg kamen aus den vergangenen Jahrzehnten. Da konnte noch keiner mit der Entwicklung des Radverkehrs rechnen. Was da hilft, ist das Rad- und ÖPNV-Angebot auszubauen. Nur wenn das Angebot da ist, wird es auch genutzt. Wir haben hier ein gutes Netz. Das muss ausgebaut werden und nicht reduziert, wie es vor allem in den Randgebieten passiert. Von Ost nach West funktioniert das gut, aber von Nord nach Süd wird es zunehmend ausgedünnt. Das muss anders werden.