Unterwegs im Quartier Grün und grau liegen nahe beieinander
Wer durch Langerfeld spaziert, entdeckt einen Ort mit Historie und Industrie.
Wuppertal-Langerfeld. Der Stadtteil ist gepflegt und in Schuss gehalten. Vor einigen Häusern an der Inselstraße, der Beyeröhde und der Wilhelm-Hedtmann-Straße stehen Gerüste. Die Fassaden werden neu gemacht. Auch die Begegnungsstätte für Senioren bekommt teilweise einen neuen Anstrich. An diesem Vormittag bekommt das aber keiner mit. Der Maler steht an der Rückseite des Gebäudes, vom Markt angewandt und verrichtet sein Handwerk nahezu ohne Zuschauer.
Vorne, am Marktplatz, dem Mittelpunkt des etwa 20 000 Einwohner starken Quartiers, sitzen Leute vor den Cafés. Von dort aus betrachtet wirkt Langerfeld beschaulich und ruhig. Die lange Geschichte des östlichen Stadtteils, der einst zu Schwelm gehörte, lässt sich schon von dem zentralen Punkt aus erahnen. Zur Rechten zeigt sich der Kirchturm der evangelischen Kirchengemeinde. 140 Familien haben die Kirche zwischen 1768 und 1786 gebaut. Direkt daneben steht das älteste Haus des Stadtteils — von 1677.
Langerfeld ist gespickt mit Denkmälern. Allein 21 von ihnen sind mit Gedenktafeln ausgestattet, die Informationen zu den Häusern geben. Im Zentrum begegnet diesen alle paar Meter, wer durch den Stadtteil läuft. Gegenüber des Marktplatzes gehts es hinter der Schwelmer Straße in die Spitzenstraße. Allein dort warten drei dieser Tafeln auf den Besucher. Vorne rechts befindet sich das alte Schulhaus — sechs Jahre vor der königlichen Schulpflicht errichtet —, weiter hinten steht das Fachwerkhaus der Familie Tönnies von 1680. Das weiße Haus mit den dunklen Balken und grünen Fensterbänken ist geschmückt mit dem westfälischen Wappen — ein sichtbares Zeichen zur Zugehörigkeit zu Schwelm, das als Pforte Westfalens gilt.
Der Gang durch die Beyer-öhde, knapp 800 Meter weiter östlich, zeigt einen anderen Teil der Geschichte. Denn dort fällt der Blick auf ehemalige Industriebauten der Textilindustrie. Wo früher Betttücher hergestellt und Bandwirker gearbeitet haben, wo Disziplin und Schweiß herrschten, leben heute Menschen, die nach außen eher den Müßiggang zeigen — wohl als Lohn für harte Arbeit. Vor den Türen, zwischen den Treppen, die in die ehemaligen Fabrikgebäude führen, sind Holzstühle und -tische aufgestellt. Auf dem Briefkasten steht ein angerostetes Modell eines VW-Bullis, grün, mit Blumenmotiven beklebt. Ein paar Meter weiter plätschert ein Brunnen von 1821 ohne Unterlass vor sich hin und sorgt für eine entspannte Geräuschkulisse vor den Wohnhäusern.
Weiter nach Süden geht es die Ehrenbergstraße hoch in Richtung Wildgehege. Nach Norden geht es durch die Hessische Straße zur Straße In die Fleute. Von altem Charme ist hier wenig zu sehen. Die Gebäude sind jünger, an einigen wenigen blättert die Farbe ab. Wer über die Kleingartanlage hinwegblickt, kann den Containerbahnhof der Deutschen Bahn sehen, wo 260 LKW-Wechselbehälter am Tag umgeladen werden.
Wer mit Anwohnern spricht, enthält ein Bild, das ebenso geteilt ist. Norbert Lattmann (72) lebt — mit Unterbrechungen — seit seinem sechsten Lebensjahr in Langerfeld. Er liebt die Nähe zum Grünen, die Abgeschiedenheit, nennt Langerfeld liebevoll „das Dorf“. Valentina Schmidt (30), die erst vor wenigen Monaten nach Langerfeld gezogen ist, sieht den Stadtteil eher als „zu bebaut“. Sie ist aus Barmen vor allem wegen der vielen Schulen, Kindergärten und Spielplätze dorthin gezogen.