Der Rat entscheidet - Umsetzung bis Februar Grundsteuerreform: Für viele Wuppertaler droht es teurer zu werden

Wuppertal · Die Verwaltung der Stadt Wuppertal hat sich gegen eine differenzierte Besteuerung entscheiden. Für viele könnte es mehr Kosten bedeuten.

Häuserfassaden an der Friedrich-Ebert-Straße: Auf Eigentümer kommen höhere Kosten zu.

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

Die Verwaltung der Stadt Wuppertal will die notwendig gewordene Grundsteuerreform mit einem einheitlichen Hebesatz für alle umsetzen – und hat sich jetzt aktiv dagegen entschieden, bei dieser Besteuerung auf bebaute oder bebaubare Grundstücke zwischen sogenannten Wohngrundstücken und Nichtwohngrundstücken differenzierte Hebesätze festzulegen. Das hatte das Land NRW per Gesetz eigentlich ermöglicht, um Kommunen eine bessere Möglichkeit zu geben, die Belastungsverteilung an die Verhältnisse vor Ort anzupassen. Gebrauch machen will Wuppertal davon jetzt ausdrücklich nicht – aus verschiedenen Gründen. Unter dem Strich werden Wohnimmobilien dadurch im Gros eher höher besteuert als zuvor und Gewerbeimmobilien eher günstiger als zuvor. Die Krux in diesem komplizierten Geflecht, das sich aus Einheitswert, Steuermesszahl und Hebesatz errechnet: Individuell kann es trotzdem ganz unterschiedlich ausfallen. „Der Konflikt, dass die Wohnnebenkosten für private Haushalte nicht zu hoch werden und zugleich Gewerbebetriebe nicht übermäßig belastet werden“, sagt Wuppertals Kämmerer Thorsten Bunte, „der ist mit dieser Reform schlicht nicht aufzulösen.“

Der Entwurf soll im
November in den Rat

Kämmerer Thorsten Bunte.

Foto: Kataoka

Der einheitliche Hebesatz steigt so in Wuppertal von derzeit 490 auf 947 von Hundert, ist allerdings wegen neuer Bewertungsgrundlagen mit dem alten Hebesatz nicht mehr vergleichbar, weil durch eine runter gepegelte Steuermesszahl der steile Anstieg vermieden wird. Wichtig: Für die Stadt verändern sich die Einnahmen durch die Grundsteuer B im Ganzen im Vergleich zu den Vorjahren nicht, liegen weiter bei rund 80 Millionen Euro. Der Empfehlung des Landes, die Reform insgesamt aufkommensneutral zu gestalten, würde man in Wuppertal damit also nachgekommen.

Fix ist das Ganze aber noch nicht: Der Verwaltungs-Entwurf wird nun im Finanzausschuss am 5. November vorberaten und soll am 11. November im Rat beschlossen werden. Ab Anfang Dezember müssen dann im Steueramt Datentransfers, Rechenläufe und Massentests starten, damit der Versand der Grundbesitzabgabenbescheide 2025 fristgerecht gewährleistet werden könne, so Bunte. Erster gesetzlicher Fälligkeitstermin für die neue Grundsteuer ist dann der 15. Februar 2025. Sollte der Rat der Empfehlung der Verwaltung nicht nachkommen und differenzierte Hebesätze proklamieren, dürfte das in Wuppertal für Chaos sorgen. Dann müssten wohl nachträglich in 2025 neue Bescheide an die Haushalte ergehen.

In Zeiten enormer Haushaltsdefizite wäre auch eine Aufkommensteigerung infrage gekommen, das sei politisch aber nicht vermittelbar. Trotzdem sei es unvermeidbar, „dass es für die einzelnen Eigentümerinnen und Eigentümer zu einer Mehr- oder Minderbelastung kommen kann und wird. Dies ist – unabhängig vom gewählten Grundsteuermodell – eine zwingende Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 2018“, so Bunte.

Schneidewind kritisierte das Land. Das habe anders als andere Bundesländer versäumt, „eine entsprechende landeseinheitliche Regelung zu treffen. Stattdessen hat das Land diese Frage nun mit seinem neuen Grundsteuerhebesatzgesetz auf die Kommunen abgewälzt“. Die Gründe dafür, den einheitlichen Hebesatz zu bewahren, sind vielfältig: Bunte scheut das „verfassungsrechtliche Risiko“: Gäbe es erfolgreiche Klagen gegen differenzierte Hebesätze, würden die Kläger auf niedrigere Steuerbeträge zurückgestuft. Das Risiko trage bis es hierzu Gerichtsentscheidungen gebe allein die Stadt Wuppertal und nicht das Land, so Bunte. Zweitens seien auch bei einem differenzierten Hebesatz individuelle Mehrbelastungen „erheblich“. Neue Ungerechtigkeiten drohten: So würden zum Beispiel Wohnungen in gemischt genutzten Immobilien ungerechtfertigt wesentlich stärker besteuert, als reine Wohnimmobilien, erklärte Bunte. Und nicht zuletzt habe wohl auch eine Rolle gespielt, dass die Option der differenzierten Hebesätze nach Aussagen des städtischen Steueramtes mit der in Wuppertal eingesetzten Software „leider noch nicht für die Jahresveranlagung 2025 technisch umsetzbar“ ist, wie es hieß. Das gelte auch für andere Städte, mit denen sich Wuppertal die Software teile.

Kurios: Das Land hatte für Wuppertal in einer vom Finanzministerium berechneten Musterrechnung „als Service“ per Stichtag ganz andere Hebesätze aufgeführt, die heute noch im Internet einzusehen sind. Die aber basierten laut Bunte auf eben nicht aktualisierten, nicht fortlaufenden und unvollständigen Datengrundlagen. „Das sorgt für Verunsicherung und weckt falsche Erwartungen“, sagte Schneidewind.