„In der katholischen Kirche gibt es eine Menge Freiheit“
Sabine Schmidt (35) ist die neue Vorsitzende des Wuppertaler Katholikenrats. Sie spricht über Glauben und Kirche im Tal.
Frau Schmidt, was macht sie sicher, dass es einen Gott gibt?
Sabine Schmidt: Ich hatte mein ganzes Leben lang die Gewissheit, dass es da eine Hand gibt, die mich lenkt und schützt. Diese Hand ist Gott. Margot Käßmann, die evangelische Bischöfin, drückte das so aus: Man kann nur so tief fallen wie in Gottes Hände.
Schmidt: Mich hat das sehr erschüttert - insbesondere, weil ich selbst aus der Jugendarbeit komme. Aber die Kirche besteht aus Menschen, die Fehler machen. Das ist zwar nicht zu entschuldigen, aber es zeigt, wie verletzlich Kirche ist. Jetzt muss diese Krise mit aller Offenheit aufgeklärt werden - wie das unser Erzbischof und der Stadtdechant das auch tun -, damit diese Krise auch geheilt werden kann.
Schmidt: Überhaupt nicht, in keiner Weise. Alle Geistlichen, mit denen ich in meinem Leben zu tun hatte, haben sich absolut korrekt verhalten und waren Vorbilder, jeder auf seine Weise.
Schmidt: Dass die Menschen froh sind, dass diese Fälle nicht wie in der Vergangenheit unterdrückt werden, sondern dass jetzt Offenheit herrscht - zum Beispiel mit einer Karfreitagsfürbitte für die Opfer oder mit der Handreichung des Erzbistums, die in den Kirchen verteilt wird und sehr stark angenommen wird.
Schmidt: Sicher gibt es Positionen des Papstes, die gerade in Deutschland stark anecken. Aber andererseits glaube ich, dass viele Menschen in den Positionen der Kirche auch Halt finden - dass gerade der Papst dem Relativismus der liberalen Gesellschaft klare Regelungen entgegensetzt, die den Menschen einen roten Faden bieten - auch, wenn man sich, wie ich selbst, nicht immer mit allem identifizieren kann.
Schmidt: Die zehn Gebote, die sind nicht verhandelbar! Und ansonsten sollte ich mich fragen: Was würde Jesus Christus in dieser Situation tun? Das ist das Ideal, an dem ich mich orientieren kann.
Schmidt: Ihre niedrigschwelligen Angebote ausweiten - wie sie etwa an der Citykirche. So etwas wie neulich der Biker-Gottesdienst, der auch Leute Kirche erleben lässt, die sich sonst sagen: Ich schlafe am Sonntagmorgen lieber aus. Oder Night Fever, wo die Kirche nachts offen ist, wo die Menschen einfach mal hingehen und die Rituale erleben können.
Schmidt: Zunächst ist das natürlich ein schmerzhafter Eingriff - auch, wenn das in Wuppertal sehr unterschiedlich verläuft. So haben die Gemeinden auf den Südhöhen noch eine große Eigenständigkeit. Ich selbst stehe zu großem Zentralismus skeptisch gegenüber, aber wir werden eben nicht mehr. So müssen wir die Strukturen der Anzahl der Menschen anpassen, die da sind. Und ich hoffe, dass wir dadurch keinen gläubigen Menschen verloren haben, weil Dinge wie Jugendarbeit oder Pfarrfeste, die nah an den Leuten sind, noch funktionieren. Dass es weiterhin Ortsausschüsse an jedem Kirchturm geben kann, haben wir als Katholikenrat mit durchgesetzt - gegen den Willen der Amtskirche.
Schmidt (lacht): Ich war auf St. Anna, ich kann nicht anders - aber, ja, mir ist das wichtig, als Zeichen dessen, was unsere Kultur geprägt hat. Wenn wir das an der Schule akzeptieren, können wir umgekehrt das muslimische Kopftuch als Zeichen selbstbewusster Religiösität akzeptieren. Ich habe kein Problem mit dem Kopftuch.
Schmidt: Nein!
Schmidt: Also, ich bin gerne katholisch - das heißt aber auch, dass es bei diesen Regeln eine Menge Freiheit gibt. In der katholischen Kirche ist Platz für viele Strömungen und Ansichten. Dass ich als junge Frau Vorsitzende eines Katholikenrates sein kann, zeigt doch: In der Kirche gibt es mehr als nur altbackene Dogmen und Ansichten.