„In Wuppertal gibt es keine Parallelgesellschaften“

Hans-Jürgen Lemmer spricht über Integration und junge Muslime in Wuppertal.

Herr Lemmer, sind Muslime in Wuppertal gut integriert?

Lemmer: Muslime in Wuppertal sind genauso gut oder genauso schlecht integriert wie Migranten mit anderen Wurzeln. Es gibt kein ausschließlich islamisches Problem in der Integration.

Lemmer: Sie meinen eine Segregation, so wie etwa in Berlin.

Lemmer: Das haben wir in Wuppertal bis jetzt noch in keinem Stadtteil. Wir beobachten, wie sich die Konzentration von Migranten in den Stadtteilen entwickelt. Der Spitzenwert liegt bei 51 Prozent, etwa in einem Wohnviertel wie dem Rehsiepen. Es gibt nur vier der insgesamt 90 Wohnquartiere, bei denen der Anteil von Migranten mehr als 50 Prozent beträgt. Die Frage der Abschottung wird nicht nur dadurch beantwortet, wie viele Ausländer dort wohnen.

Lemmer: Gibt es noch einen Kontakt mit der Außenwelt.

Lemmer: Es gibt Wohnquartiere, in denen sich besondere Probleme häufen. Migration ist kein Problem, sondern sagt nur, dass es eine andere Wurzel gibt. Gibt es in einem Uni-Viertel 80 Prozent Migranten, habe ich mit hoher Wahrscheinlichkeit überhaupt kein Problem, weil dort Akademiker und Studenten leben. Erst durch andere Faktoren wie niedrige Bildung, Kriminalität und Arbeitslosigkeit kommt es zu Problemen. Es gibt aber Viertel, die im Auge behalten werden müssen.

Lemmer: Die Höhe, Schmitteborn und ähnliche.

Lemmer: Nein. Wir sind weit weg von Parallelgesellschaften.

Lemmer: Mich stört die Betonung auf muslimisch.

Lemmer: Ich kann kein Integrationsproblem benennen, das sich aus der Religionszugehörigkeit ergibt. Wir haben zum Beispiel Probleme mit jungen, männlichen Migranten. Es ist kein Wuppertaler Merkmal, dass junge Migranten bei der Bildung benachteiligt sind. Insbesondere junge Männer sind die Bildungsverlierer.

Lemmer: Dadurch, dass sie die größten Gruppen überhaupt sind. Sie haben gerade etwa 60 Prozent der jugendlichen Migranten aufgezählt.

Lemmer: Die Empfindlichkeiten sind größer geworden, wenn man in der zweiten und dritten Generation bemerkt, dass man trotz aller Bemühungen nicht wirklich ankommt. Ankommen heißt nicht nur, dass man in Deutsch miteinander sprechen kann, sondern auch dass man Arbeit hat und sich dadurch sein Geld selbst verdienen kann und die materiellen Güter in die Hand bekommt, um sich in die Gesellschaft wirklich integrieren zu können.

Lemmer: Ja.

Lemmer: (Zögert) Ich hoffe, dass nicht nur ich sehr nah dran bin.

Lemmer: Das ist auch ein Stück Gegenreaktion, wenn man sich nicht der Gesellschaft zugehörig fühlen kann, suchen sich die jungen Männer eine neue Identität. Ich möchte nicht, dass das Gefühl aufkommt, Islam und Integration widersprechen sich. Wenn ich heute mit Leuten der Moscheevereine zusammensitze, dann sitze ich mit Zuwanderern aus der zweiten und dritten Generation zusammen. Das sind durchweg Wuppertaler, die einen erfolgreichen beruflichen Weg eingeschlagen haben. Die sind voll in der Gesellschaft angekommen und besitzen in der Mehrzahl die deutsche Staatsbürgerschaft. Trotzdem leben sie ihren Glauben.

Lemmer: Das Wort Hexenjagd gefällt mir nicht. Aber: Der Islam ist das große Unbekannte. Es gibt in der Welt Vorkommnisse, die einem Angst einjagen. Ich möchte aber keinem eine bewusste Hetzjagd unterstellen.

Lemmer: Nein, es wird ja in den jeweiligen Muttersprachen gepredigt. Ich kann weder Türkisch noch Arabisch.

Lemmer: Zumindest jetzt nicht, in den Moscheen sind auch viele ältere Migranten der ersten Generation, die nur sehr schlecht Deutsch sprechen. Ein zweites Problem sind die Imame der großen Moscheen, diese kommen beispielsweise von der türkischen Religionsbehörde und sind nur auf Zeit in Deutschland und können oft nur unzureichend Deutsch.

Lemmer: Ich kann nicht beurteilen, wer der Richtige ist, um den Koran auszulegen. Genauso wenig wie ich nicht beurteilen kann, wer der Richtige ist, um die Bibel auszulegen. Unabhängig davon würde ich mich aber freuen, wenn künftig auch in Deutschland Imame ausgebildet würden.