Automobilität Aptiv sagt Kabelsalat den Kampf an

Wuppertal · Unternehmen entwickelt in Wuppertal Bordnetz für autonom fahrende Autos.

Die Frontansicht eines der Testfahrzeuge von Aptiv, die auch auf Wuppertaler Straßen unterwegs sind.  

Foto: wz/Andreas Boller

Die Comsumer Electronic Show (CES) vom 6. bis 9. Januar 2020 in Las Vegas gilt als eine der weltweit größten Fachmessen für Unterhaltungselektronik. Die Messe ist auch für viele Autohersteller und Zulieferer ein Muss, denn dort werden die Themen E-Mobilität, Künstliche Intelligenz, Fahrer-Assistenzsysteme und die „Königsdisziplin“ autonomes Fahren diskutiert und präsentiert. Es sind Themen, die die gesamte Auto-Branche in Atem halten. Der Wandel vom Benziner oder Diesel zum Software definierten Fahrzeug steht nicht mehr zur Debatte. Jetzt wird entschieden, wer in diesem Prozess die Gewinner oder Verlierer sein werden.

Vier Kilometer Leitungen
werden per Hand verlegt

Das Potenzial der CES in Las Vegas hatte Aptiv, das aus Delphi hervorgegangen ist, als erster Zulieferer bereits früh erkannt. Doch was heißt schon Zulieferer? 2020 wird sich Aptiv als Technologie-Unternehmen präsentieren, das den Herstellern mit der in Wuppertal entwickelten Bordnetz-Architektur Lösungswege präsentieren will. Das Problem klingt banal: Wie schafft man es, die Elektronik für den Fahrer unterstützende Systeme so zu verändern beziehungsweise zu verkleinern, dass sie noch ins Auto passen? Wann ist es soweit, dass Software das Auto definiert?

„Wir haben die Möglichkeit, für das Nervensystem, das Gehirn und die entsprechende Sensorik im Fahrzeug gesamtheitliche Lösungen zu bieten“, sagt Aptiv-Europa-Präsident Michael Gassen. Der Wechsel der Bordnetzarchitektur ist für die Hersteller ein schwieriger Schritt, weil bis zu 120 Steuereinheiten im Fahrzeug verknüpft werden. Vier Kilometer Leitungen müssen bei der Produktion per Hand verlegt werden, was eine enorme Fehlerquelle bedeute. Außerdem sei dieser Herstellungsschritt enorm teuer - auch wenn er in Billiglohnländer ausgelagert werde. Um autonomes Fahren auf dem Level 3 bis 5 zu erreichen, müssten zudem zur Absicherung bei einem Ausfall eines Teilsystems Redundanzen eingebaut werden, was zum Beispiel den Einsatz von Kabeln nochmals verdoppeln könnte.

Als Gegenentwurf zum „Kabelsalat“ bringt Aptiv die in der Deutschland-Zentrale Wuppertal entwickelte Smart Vehicle Architecture ins Spiel. Dies sei ein ganzheitlicher Ansatz, den Gassen als Alleinstellungsmerkmal gegenüber Unternehmen wie Continental und Bosch bezeichnet, die keine derartigen Bordnetze entwickelten. Aptiv wird in Las Vegas einen Chrysler Pacifica vorfahren, in dem die neue Software und Sensortechnik eingebaut ist.

Welche Bedeutung der Standort Wuppertal für die Entwicklung des autonomen Fahrens hat, machen folgende Zahlen deutlich: Im Technologiepark sind 900 Mitarbeiter aus 49 Nationen beschäftigt, 67 Prozent davon sind Systementwickler oder sie entwickeln Software. Auf sie kommt eine Menge Arbeit zu, denn im Herbst dieses Jahres hat Apitv mit dem koreanischen Autokonzern Hyundai ein Joint Venture für Autonomes Fahren vereinbart.

Am 23. September teilten die Partner mit, dass sie je zur Hälfte an einem neuen Gemeinschaftsunternehmen beteiligt sind, das bis 2022 eine Plattform für Anbieter von Robotertaxis, Flottenbetreiber und Hersteller autonomer Fahrzeuge entwickeln soll. Mit Hilfe unterstützender Systeme wie Parkhilfen wird aktuell Level 2 erreicht. Testfahrzeuge von Aptiv sind auf Level 3 auf Wuppertaler Straßen unterwegs, wobei ein Fahrer zur Sicherheit am Steuer sitzt. Level 4 und 5 erfordern weitere Entwicklungsschritte, die, so Aptiv, eine Bordnetz-Architektur leistet, die alle Komponenten enthält.