Wuppertaler Kultur Intendantin Adolphe Binder: „Das ist ganz klar eine Verleumdung“
Adolphe Binder, künftige Intendantin des Tanztheaters, weist Vorwürfe zurück, sie habe ihre Tänzer in Schweden gemobbt.
Wuppertal. Das hört sich nicht gut an: Adolphe Binder, künftige Intendantin des Tanztheaters Pina Bausch, soll in ihrer jetzigen Funktion als Leiterin der Göteborg Danskompani Tänzer gemobbt haben. Die meisten wollten nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten, schrieb die Zeitung „Göteborgs Posten“ am 23. März. In einem weiteren Artikel wird ihr vorgeworfen, sie habe Aufträge für 57 Tanzvideos über insgesamt 65.000 Euro an eine Bekannte vergeben und das Projekt nicht mit der Leitung der Staatsoper abgesprochen. Mittlerweile sei Binder auch nicht mehr Leiterin der Danskompani.
Was der Sache einen schalen Geschmack verleiht: Die Vorwürfe in dem Artikel sind recht diffus und werden nicht mit Namen belegt. Auch die Mail mit dem Hinweis auf die Artikel wurde anonym an das Tanztheater Wuppertal und an Redaktionen verschickt. Inzwischen haben sich viele Tänzer der Göteborger Kompagnie in einem gemeinsamen Brief an die Zeitung von deren Bericht distanziert: Er gebe „in keiner Weise die aktuelle Arbeitsatmosphäre wieder“. Doch was sagt Adolphe Binder selbst zu den Vorwürfen?
Frau Binder, es heißt, Sie hätten Ihren Posten aufgeben müssen. Stimmt das?
Adolphe Binder: Nein, ich bin ganz normal bis zum Ende der Spielzeit engagiert. Ich habe mir aber im Dezember überlegt, dass ich mal Zeit zum Durchatmen brauche, bevor die intensive Vorbereitung auf die Arbeit in Wuppertal beginnt. Deshalb habe ich die Leitung gebeten, dass ich nach der letzten Premiere am 12. März eine Auszeit nehmen kann. Aber ich habe selbstverständlich auch die nächste Spielzeit bis Sommer 2017 für Göteborg komplett geplant, damit alles zu einem guten künstlerischen Ende kommt.
Wie war Ihr Verhältnis zu den 38 Tänzern?
Binder: Ich hatte nie größere Probleme mit der Truppe, gelegentlich gab es mit einzelnen unterschiedliche Sichtweisen. Aber wenn man die Dinge verändern soll, muss man auch mal „Nein“ sagen — und mein Auftrag war, eine zeitgenössische, international relevante Tanzkompagnie aufzubauen. Alle Entscheidungen sind vom Haus mitgetragen worden und haben zum Erfolg geführt.
Erkennen Sie sich in dem beschriebenen Führungsstil wieder?
Binder: Nein, der ist ja fürchterlich. Das klingt, als hätte es nie ein gemeinsames Ziel gegeben. Die Truppe stand bei mir immer im Zentrum. Uraufführungen sind ganz sensible Prozesse. Das würde niemals funktionieren, wenn es eine solche Disharmonie gegeben hätte.
Wie ist das mit den 57 Tanzvideos gelaufen?
Binder: Ich bin weder zeichnungsbefugt noch dafür zuständig. Die Aufträge hat die Kommunikationsabteilung über fünf Jahre vergeben. Ich habe wohl mehrere Vorschläge gemacht, wer die kurzen Videos umsetzen könnte, die unsere Arbeit mehr publik machen sollen - dafür muss man ja schon ein Gespür haben. Aber dann ist das durch ein ganz normales Auswahlverfahren gelaufen.
Wie geht es Ihnen mit diesen Artikeln?
Binder: Das ist ganz klar eine Verleumdung — auch wenn ich gar nicht weiß, ob mich tatsächlich jemand persönlich meint. Es ist schwierig, auf diese diffusen Vorwürfe konkret zu reagieren. Es macht mich nur für die Truppe traurig, dass unsere erfolgreiche Arbeit so in Misskredit gebracht wird. Ich finde es auch unfair, dass der Einstieg in Wuppertal davon überschattet wird. Dieses Nachtreten haben aber meine Vorgänger auch schon erlebt.
Welche Reaktionen haben Sie jetzt aus Wuppertal bekommen?
Binder: Ich bin begeistert von der Offenheit und Gelassenheit der Leute, mit denen ich dort zu tun habe, wie Geschäftsführer Dirk Hesse. Ich hätte ihnen das gern erspart, aber ich habe es nicht kommen sehen.
Werden Sie Ihr Konzept in Wuppertal fortführen?
Binder: Mein Auftrag in Göteborg war, einer Kompagnie, die bis dahin keinen besonderen Ruf hatte, zu internationaler Sichtbarkeit zu verhelfen. Das ist auch gelungen. Mein Auftrag in Wuppertal ist ein ganz anderer: Da gibt es das unglaubliche Erbe einer phänomenalen Künstlerin — das gilt es auf hohem Niveau zu pflegen und gleichzeitig eine tragfähige Vision für die Zukunft zu entwickeln.
In einem Artikel werden Sie als „konfliktfreudig“ bezeichnet im Gegensatz zu den harmoniebestrebten Schweden. Sehen Sie das ähnlich?
Binder: Ich werde hier in Göteborg schon als sehr deutsch wahrgenommen. Ich bin sicherlich direkt — und passe deshalb wahrscheinlich ganz gut ins Bergische Land.