Konzertgesellschaft erhält viel Beifall

Drittes Chorkonzert brachte Händels „Israel in Egypt“ mit ausdrucksstarkem Gesang in den Großen Saal der Stadthalle.

Foto: Stefan Fries

Wer den musikalischen Mainstream außer Acht lässt, landet oft nicht in den Charts, wird selten gespielt beziehungsweise gehört. Das gilt heute gerade für den Bereich der U-Musik. Doch auch schon Georg Friedrich Händel musste im 18. Jahrhundert diese Erfahrung machen.

Die Engländer liebten Werke mit üppiger Besetzung. Der barocke Komponist kam diesem Wunsch nach und war so ein Star auf der Insel. Mit einem Oratorium lag er aber daneben: „Israel in Egypt“ war ein Flop. Denn einen Zeitgeist vernachlässigte er bei dem Stück: Viele Arien waren gefragt. Stattdessen legte er das Hauptgewicht auf den Chor.

Nach dem bescheidenen Erfolg der Uraufführung 1739 strich er zwar deswegen unter anderem den ersten der drei Teile. Auch wurden für die wenigen anschließenden Vorstellungen Veränderungen vorgenommen. Zu seinen Lebzeiten blieb die Geschichte um das Volk Israel jedoch ein Misserfolg. Erst Felix Mendelssohn Bartholdy grub im 19. Jahrhundert das Oratorium wieder aus, das sich seitdem ungebrochen allgemeiner Beliebtheit erfreut. Die Zeiten haben sich geändert: Viel Chormusik erfreut bis heute die Herzen der Musikfreunde.

Es verwunderte also nicht, dass beim traditionellen städtischen Karfreitagskonzert der Große Saal der Historischen Stadthalle sehr gut besucht war, als dieses aus heutiger Sicht gewichtige Werk zur Aufführung kam.

Mit in der ungekürzten Fassung 28 Chorsätzen, vier Arien, drei Duetten und drei kurzen Rezitativen ist „Israel in Egypt“ ein großes Chororatorium. Händel zieht hier alle Register seines chorkompositorischen Könnens. Homophone Abschnitte gehen Hand in Hand mit formvollendeten polyphonen Sätzen. Barocke Fugen stehen neben liedhaften Sätzen und solchen im alten Stil der strengen Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts.

Explizit die zehn Plagen überzeugen durch plastische und effektvolle musikalische Gestaltung. Das Orchester mit festlichen Trompeten, Posaunen und Pauken unterstützt und umrahmt das vom Chor dominierte musikalische Geschehen.

Protagonist war der Chor der Konzertgesellschaft (Einstudierung Georg Leisse), dessen Anfangsstadium in der zweiten Dekade des vorletzten Jahrhunderts lag. Damals wurde an ein Sinfonieorchester Wuppertal noch gar nicht gedacht. Und Mendelssohn Bartholdy verhalf Händels Opus erst mehr als 20 Jahre nach seiner Grundsteinlegung zu großem Ruhm.

Um den großen Anforderungen der Doppelchörigkeit gerecht zu werden, holte man sich Unterstützung aus der Schweiz: den Cercle Bach de Genève um seine künstlerische Leiterin Natacha Casagrande.

In Anbetracht der hohen konditionellen wie musikalischen Anforderungen blieb es zwar nicht aus, dass bisweilen hörbare stimmliche Ungenauigkeiten und Unsauberkeiten bei schnellen Abschnitten vorkamen. Dafür überzeugte das intensive Nachzeichnen von Händels sinnlich-ausgefeilter Wortdeutung der alttestamentarischen Texte umso mehr.

Obwohl den gesangssolistischen Partien nur eine untergeordnete Rolle zufällt, versah Händel sie mit sechs Stimmen: zwei Soprane, Alt, Tenor und zwei Bässe. Überzeugten Marek Reichert (Bariton) und Daniel Dropulja (Bass) gerade bei ihrem Duett im dritten Teil nicht immer mit ausgeglichenen Gesängen, gestalteten Countertenor Algirdas Bagdonavicius und Ulrich Cordes (Tenor) ihre Partien außerordentlich ausdrucksstark. Auch Antonia Bourvé und Nina Koufochristou brillierten mit ih-ren beweglichen und tragfähigen Sopranstimmen.

Hochsensibel begleitete das Sinfonieorchester Wuppertal die Chöre und Solisten und beeindruckte mit einem kultivierten Klangbild. Stets war Markus Baisch allen ein zuverlässiger und umsichtiger Dirigent. Dank seiner präzisen Anweisungen kam die Musik sehr ausgewogen von der Bühne. Die stehenden Beifallsbekundungen waren das logische Resultat nach dem spannenden, hochmusikalischen Auszug des Volkes Israel aus Ägypten.