Berauschend schwere Kost
Die Wuppertaler Sinfoniker gaben in der Stadthalle ihr 6. Sinfoniekonzert. Eine mitreissende Gefühlsachterbahn.
Wuppertal. Keine leichte Kost serviert das Wuppertaler Sinfonieorchester in seinem sechsten Sinfoniekonzert. Im Großen Saal der Stadthalle schickt sich das Orchester an, in die erste Liga der Orchester des Landes aufzusteigen.
Igor Strawinskys „Sinfonie in drei Sätzen“ von 1945 birgt einen empfindsamen Mittelsatz von sanft zerfasernder Flötenmelodie und wiegenden Streichern. Die Ecksätze kontrastieren mit Marsch- und Militärrhythmen — treibend, explosiv und mit jazzigen Anklängen. Unter Toshiyuki Kamioka gelingt es den Musikern, die komplexen Gefüge optimal und transparent vorzustellen, ohne an der nötigen Schärfe zu sparen. Eine gelungene Einstimmung auf Schostakowitschs erstes Violinkonzert in a-Moll.
Sasha Rozhdestvensky ist als Solist für die erkrankte Vilde Frang eingesprungen. Warm klagt seine Guadagnini-Violine im verschatteten Nocturne, schmerzlich gleiten Abwärtsskalen, denen düsteres Blech und grollende Pauken antworten. Das Herz wird schwer bei dieser Musik. Im rhythmischen Schritt geht es beim „Scherzo“ durch verquere Taktgefüge und die Violine greift spannungsvoll ins geordnete Chaos ein. Düsteren Grund liefern Blech und Pauken , der Streicherklang legt sich trauernd aufs Gemüt.
Mit brillantem Ton erhebt sich die lange, mit allen technischen Finessen gespickte Kadenz des Solo-Instruments: Rozhdestvensky steigert sie von sanfter Klage zu wildem Aufbegehren. Unvermittelt schließt sich die finale Burleske an, die mit fein gezupfter Geigen, hüpfend klappernden Xylophon-Skalen und jagender Solovioline grimmige Heiterkeit verströmt. Zu Recht gibt es begeisterten Applaus für den jungen Ausnahmegeiger.
Nach der Pause folgen Maurice Ravels „Rapsodie espagnole“ und „La Valse“. Kamioka fordert berückend schön gehauchtes Piano ebenso wie heftige Fortissimo-Ausbrüche. In „La Valse“ gerät der Wiener Walzer zur Parodie: Aus klangvollem Gewusel schält und quält sich immer wieder eine Walzermelodie heraus, sie wiegt sich, schluchzt und stolpert. Und endet schließlich im taumelnden Tanz am Höllenabgrund.