Das Innere eines Menschen leuchten lassen

Julia Reznik stellt sich in der Reihe „Visitenkarte“ dem Publikum vor.

Foto: Sebastian Eichhorn

Wuppertal. Das Mädchen Spoonface Steinberg hat das Asperger-Syndrom, und sie hat Krebs. Wir sehen und hören ihr beim Sterben zu. Das ist schrecklich, und das ist schön. Und manchmal sogar lustig.

Julia Reznik gab mit „Spoonface Steinberg“ von Lee Hall als Dritte in der Schauspieler-Reihe ihre „Visitenkarte“ im Theater am Engelsgarten ab — in berührender Weise. Zwar handelt es sich hier um einen Monolog, den Hall zunächst als Hörspiel für die BBC geschrieben hat, später dann für Fernsehen und Theater adaptierte.

Am Engelsgarten konnte man aber einen Dialog erleben (Inspizienz: Stefan Leibold; Einrichtung: Helene Vogel). Reznik nahm sofort Blickkontakt zum Publikum auf, spielte es immer wieder an. Spoonface ist mit sich und ihren Gedanken allein und doch nicht allein.

Die Bühne, schwarz-weiß gehalten, zeigt kein naturalistisches Bild. Mit ihren flachen Podesten ist sie Innen- und Außenwelt zugleich. Stück für Stück verhängt Spoonface sie mit Tüchern — wieder ist etwas abgeschlossen. Der Flügel ist schon am Anfang verhüllt - gerne hätte sie wie große Opernsängerinnen vom Sterben gesungen, um Schönes zu schaffen.

Diese Möglichkeit gibt es nicht mehr. Spoonface ist ein Spitzname, wegen der Verzerrung, wenn man in einen Löffel schaut. Mit Asperger scheint ihre Sicht auf sich, auf Menschen, aufs Sterben genau so verzerrt - und macht mit dem fürs Publikum ungewohnten Blick vieles deutlicher.

Reznik lässt Spoonface mit ihrem Spiel lebendig werden. Begleitet sie auf ihrem Weg dahin, wo alle Gegensätze aufgehoben sind. Und es gelingt ihr, was Spoonface eine Art des Gebets nennt: den Funken in einem Menschen zu finden und ihn zum Leuchten zu bringen.