Die magische Figur kennt die Welt
Serie. Die Skulptur von Bodo Berheide war 18 Jahre unterwegs, bevor er sie der Stadt schenkte.
Wuppertal. Dieses Kunstwerk hat schon ganz andere Luft geschnuppert als die an der Bundesallee. Bodo Berheides hufeisenförmige Skulptur Figura Magica war 18 Jahre auf Weltreise, bevor sie ihren festen Platz vor dem Schauspielhaus gefunden hat. Mit ihren sechs Tonnen Gewicht liegt sie dort als solider Trumm und scheint unverrückbar. Doch was passiert mit ihr, wenn der Graubner-Bau zum Pina Bausch Zentrum umgebaut wird? „So viel ich weiß, bleibt sie da“, sagt Bode Berheide, der das Werk geschaffen hat. Der Platz sei ja denkmalgeschützt, die Skulptur werde während der Bauarbeiten wohl verkleidet.
Serie: Kunst ist überall
Das überdimensionale Hufeisen hat eine verwegene Geschichte. Berheide, Jahrgang 1944, wollte Ende der 80er Jahre eine Skulptur schaffen, die durch Form und Material auf die Seele des Erdballs verweist — den glühenden, magnetischen Erdkern. So entwarf der Beuys-Schüler den nur kniehohen, aber fünf Meter langen Magneten, der jedoch nicht magnetisch ist.
Eine teure Idee: Berheide verkaufte andere Kunstwerke und gab fiktive Aktien über 1000 Mark aus. „Nach einem Jahr hatte ich 15 000 Mark zusammen und konnte die Arbeit gießen lassen.“ Zunächst installierte er sein Werk auf der Königshöhe. Dann fand er jedoch, dass die Figura Magica sich nur durch andere magnetische Einflüsse wirklich magisch aufladen könne und schickte sie 1989 auf die Reise.
„Damals dachten viele, ich wäre endgültig verrückt geworden.“ Doch das Projekt, das er komplett privat finanziert, entwickelt Eigendynamik. Berheide aktiviert alte Kontakte, manchmal hilft der Zufall, der Zuspruch ist allerorten groß. Auch in Wuppertals Partnerstadt Matagalpa in Nicaragua, wo es anfangs heißt: „Die Leute sind arm und haben kein Verständnis dafür, wenn du ihnen ein Stück Eisen hinlegst.“
Die Skulptur reist von Dublin nach Montreal und in den US-Bundesstaat West-Virginia und nach Chile. In Sydney liegt sie an einem Strand, in Japan auf einer kleinen Insel. An jedem Ort bleibt sie zwei Jahre — „so hatte ich Zeit, Geld für den nächsten Transport zu sammeln“. Sri Lanka und Togo sind die letzten Stationen. Dann kehrt die Skulptur 2009 nach Wuppertal zurück und Berheide schenkte sie der Stadt. „Sie sollte an einen Ort, wo die Menschen sie als Sitzplatz nutzen — wie fast überall auf der Welt. Vors Schauspielhaus passte sie genau.“
Hat es denn mit der magischen Aufladung unterwegs geklappt? „Ja“, sagt Berheide entschieden. „Spätestens wenn die Betrachter das Schild lesen, wo die Arbeit überall war, kann sie Bilder auslösen, was sie alles erlebt hat.“
Das wirkt sogar bei jungen Wuppertalern, die gar nicht Kunst gucken wollen, sondern die Figura Magica als willkommenes Hindernis beim Skaten nutzen. Berheide kam kürzlich mit einem Skater ins Gespräch und erzählte ein bisschen: „Danach stand die Gruppe staunend drumherum.“
Dass sein Kunstwerk als Sportgerät genutzt wird, findet er nicht tragisch: „Der Skulptur macht das nichts. Die wird höchstens an der Kante ein bisschen blank. Hauptsache, den Jungs passiert nichts.“