Wuppertal Ecker als Bildhauer und Bilderjäger

Wuppertal · Im Skulpturenpark von Tony Cragg und in der Kunsthalle Barmen gibt der Düsseldorfer Künstler einen Überblick über seine Objekte und gefundene Fotoserien.

 Bogomir Ecker zwischen Schaumstoffskulpturen in der oberen Halle des Skulpturenparks Waldfrieden (links). Die rote Skulptur „Odolop“ im Park.

Bogomir Ecker zwischen Schaumstoffskulpturen in der oberen Halle des Skulpturenparks Waldfrieden (links). Die rote Skulptur „Odolop“ im Park.

Foto: Helga Meistr/Helga Meister

. Tony Cragg und Bogomir Ecker sind Bildhauer und pensionierte Professoren. Der eine hat an der Düsseldorfer Akademie gelehrt, der andere in Hamburg und Braunschweig. Wenn es nach Tony Cragg gegangen wäre, hätte „Bogo“ einen Ruf nach Düsseldorf erhalten, was nicht klappte. Nun sind sie quasi vereint, denn Tony Cragg lud seinen Freund in den Wuppertaler Skulpturenpark Waldfrieden ein. Das aber wollte Gerhard Finckh vom Von der Heydt-Museum nicht so stehen lassen. So kam Ecker zu einer Doppelschau, sowohl in der oberen Skulpturenhalle in Waldfrieden als auch in der Kunsthalle Barmen.

Ecker ist im Skulpturenpark schon durch den sieben Meter hohen „Odolop“ von 2012 gleichsam verewigt. Die Skulptur mit dem fiktiven Namen besteht aus Bogos typischem Rot in der RAL-Farbe Nummer 3003. Es ist ein dunkles Rot, das ideal zum grünen Wald passt. Wie die Bäume der Umgebung reckt sich diese fiktive Gestalt gen Himmel. Sie besteht aus konischen Hohlkörpern, die wie beim Hütchenspiel aufeinander gesetzt sind, denn das Kind im Manne ist bei dem ehemaligen Professor nicht verloren gegangen.

Um in die obere Ausstellungshalle zu gelangen, ist eine gute Lunge erforderlich, denn die gläserne Architektur liegt auf der Spitze des Waldes. Die Halle ist licht und weit und allseits offen. Bogomir Ecker aber pflegt seine Kunst eher zu verstecken, seine Werke zu Randfiguren zu machen. Er liebt sie als „Eckensteher“. Er sagt: „Ich liebe das Unauffällige. Man muss meine Skulpturen erst entdecken.“ Daher unterteilt der Bildhauer das allseits offene, gläserne Oval durch ein schwarzes, überdimensionales Objekt, das fast die gesamte Mitte einnimmt. Es ist ein Riesending in der Blickachse des Eingangs. Der Besucher begegnet ihm fast wie einem Prellbock. Ein wenig einladendes Hindernis also. Ein monströser Schaumstoffkörper. Sehr kompakt und zugleich sehr provisorisch sieht das Ganze aus. Auf dem „Dach“ türmen sich kolossale Tonnen und Vasen.

Unwillkürlich umkreist der Besucher den Aufbau. Und zwingt sich selbst dazu, genau hinzuschauen. In den Nischen und Ecken stehen kleine Skulpturen. Hier spielt Ecker mit dem Material, denn die Schaumstoff-Oberfläche entpuppt sich als Metall. Der Künstler täuscht. Was wie ein zerknautschter, verdrehter, umgestülpter Akustikschaumstoff ausschaut, entpuppt sich als Bronzeabguss.

Offensichtlich hat der Künstler ein Mikrofon mit Schaumstoff umwickelt. Wuschelige Knäuel sind entstanden. Mondgesichter. Fiktive Organismen. Hier hat jemand nicht geformt, nicht konstruiert, sondern den Zufall arbeiten lassen. „Der Zufall im Spiel ist das Beste, was man in der Kunst machen kann“, sagt er. Er gibt sich zugleich selbst die Antwort auf die Frage, warum so viele Skulpturen so verquast ausschauen: „Weil die Künstler ängstlich sind, sichern sie sich ab. Das ist für den Betrachter uninteressant.“

Gläserne Halle mit Blick
auf Wiese und Bäume

Im hinteren Teil der gläsernen Halle, mit Blick auf Wiese und Bäume, stehen seine Skulpturen, die ihn bekannt gemacht haben. Varianten zu „Odolop“. Die Modelle sind aus Graupappe, deren Rundungen er über die Tischkante zieht. Dann kommen die Löcher rein, die die Skulpturen zu merkwürdigen Wesen machen. Den Rest besorgt der Schlosser, der nach seinen Angaben die Aluminiumbleche in Kunst verwandelt. Die Einzelteile sind Hohlkörper, die gestapelt und durch eine Art Rückgrat stabilisiert werden.

Aber Bogomir Ecker ist nicht nur Bildhauer, sondern auch vernarrter Fotosammler. Das beweist er in der Kunsthalle Barmen. Um 1999 und 2000 passierte etwas Entscheidendes im Zeitungswesen. Er berichtet: „Damals stellten alle Zeitungen auf Farbe um. Zunächst war ich etwas sauer, denn die frühen Farbfotos waren grausam. Doch dann ging ich ins Internet und entdeckte einen riesigen globalen Foto-Flohmarkt bei Ebay. Er hing mit dem Niedergang der lokalen Zeitungen in Amerika zusammen. Ab 2006 gab es in San Francisco keine Tageszeitung mehr. Ich konnte gar nicht so viel kaufen, wie angeboten wurde.“

Im Gegensatz zu Thomas Ruff und Sebastian Riemer, die von Manipulationen der Redakteure ausgehen und die Fotos auf dem Kunstmarkt anbieten, kommerzialisiert Ecker nicht die gefundenen Fotos. Er zieht sie nicht groß ab und verkauft sie nicht. Er legt vielmehr ein eigenes „Bildarchiv des 20. Jahrhunderts“ an.

Die „aufgeblasene Kunst“ interessiere ihn nicht. Ihm gehe es eher um besondere Themen wie die Gewalt in der Geschichte der Zeit oder die Idylle, die Sehnsucht nach dem schönen Schein, der dennoch zur Katastrophe führen kann.

Einer der Pioniere im neuen Trend des „Found Footage“

Sein Bilderfundus hat rund 15.000 Pressebilder aus den USA, die zwischen 1920 und 1970 entstanden sind. Er gehört damit zu den Pionieren im neuen Trend des „Found Footage“. Der Künstler gibt sich als Archivar, Sammler und Historiker. Als er sein Buch „Idylle + Desaster“ 2012 herausbrachte, wurde es preisgekrönt und erzielte eine solche Aufmerksamkeit, dass die Fotos bei den Internet-Auktionen um das Fünffache im Preis stiegen.

Seine Tableaus kauften die Fotomuseen in Berlin, Braunschweig und Essen. In seiner Wahlheimat Düsseldorf interessierte sich bislang niemand dafür. Auch die Skulpturen und die Prototypen seiner Skulpturen findet man eher in Mannheim, Nürnberg oder Hamburg als in seiner Wahlheimat Düsseldorf, in der er seit 45 Jahren lebt. Da ist es gut, dass Tony Cragg und Gerhard Finckh ihm Aufmerksamkeit schenken.