Open House Mit Kunst die Perspektive wechseln

Wuppertal · Noch bis zum Sonntag hat Dagmar Dörken-Vogt ihr Atelierhaus in Beyenburg geöffnet.

Dagmar Dörken Vogt neben ihrer großen hockenden Figur.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Sie ist vor dem Absprung - in ein neues Leben, ins Ungewisse. Für die Erschafferin der geduckt auf einem Sockel hockenden Bronzefigur drückt diese auch eine Ankunft aus. Zumindest vorerst. Dagmar Dörken-Vogt (Davo) ist zu ihren Anfängen zurückgekehrt. Hat im letzten Jahr den Schwerpunkt ihrer Arbeit vom Malen auf die Bildhauerei verlegt. Noch bis zum Wochenende hat sie ihr Atelierhaus mit Werkstatt am idyllischen Beyenburger Stausee geöffnet. Lädt ein, ihre Kunstwerke in Haus und Natur zu erleben.

Es ist bereits das sechste „OpenHouse“-Event in dem alten Fachwerkhaus, das in diesem Spätsommer besonders schön ist. Bereits am letzten Wochenende spazierten viele Besucher durch den weitläufigen Garten mit seinen zahlreichen Skulpturen, den Eisen-Nestern und Aluminium-Verwicklungen. Entdeckten drei neue „Bewohner“ - zwischen zwei und drei Meter hohe, dabei grazile Frauengestalten, die auf einem Sockel hocken oder auf dem Kopf stehen. „Ich bin zum Figürlichen zurückgekehrt“, strahlt Davo, „da kommt mein Können besser zum Ausdruck“.

Die Natur ist ihr Thema, und weil Mensch und Natur zusammengehören, schließlich lebe sie ja hier als Mensch mitten in der Natur, malt sie nicht nur fantastische Landschaften. Sie fertigt zudem kleine, ausdrucksstarke Figuren, die „etwas Eigenes, Persönliches, Spezielles haben“. An die 30 hat sie im Haus verteilt, anmutige Gestalten aus Bronze, die sie seit 2014 gefertigt hat. Hinzu kommen an die zwölf Köpfe von Menschen und Tieren, die schon mal einen Meter groß und bemalt sein können. Die positive Resonanz darauf führte in diesem Jahr zu der Idee, lebensgroße, an die 200 Kilogramm schwere Skulpturen zu schaffen.

Es ist eine anstrengende, aufwendige Arbeit, die viel Zeit braucht, Kraft und viele Hände. Dörken-Vogt hält sich mit Laufen, Schwimmen und Kraftsport fit, braucht gleichwohl Unterstützung durch Mitarbeiter und Gießerei. Viele Arbeitsphasen durchläuft eine Skulptur bis sie fertig ist, von den ersten Skizzen und kleinen Modellen, über Gerüstarbeiten, originalgetreue Zeichnungen, Gipsarbeiten, bis hin zur Gipsform, die wiederum Rahmen für das spezialummantelte Wachsmodell ist, in das die Bronze hinein gegossen wird. Am Ende der Schöpfung stehen ein zweiwöchiger Brennvorgang und eine Schutzschicht, die schwarz ist oder golden-weißcremig schimmert. Eine Patina, die die geschuppte Oberfläche der Figuren betont, in der Sonne glänzt und zugleich das ungeliebte Nachdunkeln verhindern soll. Zur Herstellung gehören auch das stete Prüfen und Korrigieren.

Handwerkliches Geschick und Erfahrung sind gefragt, die Dörken-Vogt zum Beispiel im Metallbau gesammelt hat. Nicht zu vergessen das Vorstellungsvermögen, wenn beim Kopfstand alles umgekehrt dargestellt werden muss. Und Geld, denn Material und Gießereiarbeiten sind teuer. Doch der Einsatz lohnt: Wenn am Ende die schweren Teile angeliefert und vor Ort zusammengebaut werden, ist das „ein großes Glücksgefühl“.

„Kopfstand“ erinnert zwar an die nicht nur im Yoga beliebte Übung, steht bei Davo aber für eine andere Haltung, den Perspektivwechsel, erklärt die Künstlerin. So wie die hockende Figur nicht einfach in ein imaginäres Becken hüpfen will. Als nächstes soll „Eva“ folgen, von der derzeit eine bemalte Styroporfigur in der Werkstatt einen Vorgeschmack gibt. „Meine Figuren sind zwar konkret, aber auch irgendwie offen“, lächelt Davo.

Eine Ambivalenz, die ebenfalls auf ihre Bilder zutrifft. Auch sie sind größer geworden, zugleich abstrakter - Wasserfälle und Blumen werden nur noch angedeutet. Davo ist angekommen, aber nur vorerst: „Ich will mich weiterentwickeln, Fortschritte machen.“