Konzert Klangart zeigt Grenzgänge der Musik

Wuppertal · Die beiden Konzerte im Skulpturenpark bildeten den Abschluss der Reihe. Das Publikum zeigte sich bestens unterhalten.

Unter der Leitung von Werner Dickel spielte die Kammerphilharmonie im Skulpturenpark.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Grenzgänge zwischen Klassik und Jazz, drei Uraufführungen aus Wuppertal und das Daxophon – die beiden ausverkauften Konzerte im Skulpturenpark Waldfrieden als Abschluss des zehnten Jahres „Klangart“ begeisterten das Publikum. Mit frenetischem Beifall und Jubelrufen dankten sie Werner Dickel und seiner Kammerphilharmonie für die Aufführung unter dem Motto „Der Wald schaut und hört gespannt zu.“

Die drei Wuppertaler Jazzmusiker Jan Kazda, Roman Babik und Mathias Haus lösten den Auftrag, Werke mit Bezug zu den Naturerscheinungen und der Kunst des Parks zu komponieren, sehr unterschiedlich – auch im Hinblick auf das Zusammenwirken zwischen den Jazz-Instrumentalisten und dem neunköpfigen Streichensemble.

Vibraphonist Mathias Haus stellte in „All my Life“ den Klang in den Mittelpunkt. Mit einer reizvollen, kleinen Melodie führte er in das Stück ein, die die Streicher im flötigen Flageolett aufnahmen. Doch insgesamt waren es vor allem flächige Eindrücke, die direkt in die Herzen der Zuhörer gingen: wispernde Streicher mit glockigen Vibraphontönen, gezupfte Akkorde, pochend-mahnendes Schlagwerk mit Klavier. Manchmal schälte sich eine Melodie hervor. Dann wieder erstarrte die Musik, verschwand im Nichts und rief dadurch eine hohe Aufmerksamkeit beim Publikum hervor. Im Programmheft beschrieb Mathias Haus, wie stark der Skulpturenpark bei ihm Gefühle wie Sehnsucht, Liebe und Unendlichkeit hervorrufen. „Es ist seit meiner Kindheit mein Antrieb, diese zentralen Gefühle in Klang zu bannen“, erklärte er.

Es sollte kein Jazz mit
klassischen Zitaten werden

Roman Babik hingegen setzte (Jazz-)Solisten und Streicher ganz klar gegeneinander. Er schwelgte im fülligen Streicherklang, den er fast choralartig einsetzte. Dazwischen packte er solistische Improvisationen des Klaviers. Schon das pompöse Intro erinnerte an Filmmusik oder einen Popsong. Dann zog sich durch große Teile von „Treetime“ eine Art Cantus Firmus – eine immer gleichbleibende Abfolge von Grundtönen, die mal gezupft, mal gestrichen wurde. Darüber spannten sich sanfte Geigen-Melodien, kühle Akkorde oder virtuose Klavier-Improvisationen. „Keine Show, kein Zeigen, was man alles kann oder könnte – stattdessen einfach nur Klänge, mal schön und mal skurril“, sagte Roman Babik dazu.

Jan Kazda verband in seiner Kollage „Ein Fisch, ein König und der Garten“ Jazz-Strukturen und klassischen Klang. Immer wieder traten Vibraphon, Bass oder Klavier für ein Solo in den Vordergrund. Die Streicher gaben dazu ihren Kommentar ab, mal fein-durchsichtig, mal schwülstig-romantisch. Und im Hintergrund klang es, als ab eine Uhr tickt.

„Es sollte nicht Jazz mit ,klassischen‘ Zitaten werden, es sollte nicht ein Streicherensemble eine Jazzkomposition spielen, und es sollte auch nicht ,Jazz mit Streichern‘ werden“, lautete die Vorgabe von Kazda an sich selbst.

Gedacht wurde auch eines weiteren Wuppertaler Komponisten, nämlich des 2011 verstorbenen Hans Reichel und seines Daxophons. Dieses ungewöhnliche Instrument besteht aus einem schmalen Klangholz, das mit einem Bogen zur Schwingung gebracht wird. Mit einem abgerundeten Holzklotz, den er auf dem Klangholz hin- und herbewegt, ändert der Musiker die Tonhöhe. In „Namakemono“ führte Harald Eller dieses Instrument vor. Mal erinnerten die Töne an Vogelrufe, mal an Katzen-Miauen oder das Summen einer Biene. Daraus entwickelte sich ein witziger Dialog mit den Streichern, der allmählich anfing, zu grooven.

Sehr beeindruckt äußerten sich viele Zuschauer auch von Arvo Pärts „Fratres“, das perfekt zum restlichen Programm passte. Mit großer Virtuosität spielte Christopher Huber die Solo-Geige mit ihrer immer wieder über alle vier Saiten stürmenden Melodie. Hingehauchte, eisige Klänge und unerbittliches Pochen schufen eine spannungsgeladene Atmosphäre. Die Kammerphilharmonie passte sich all den unterschiedlichen Ausdrucksformen perfekt an und agierte zweieinhalb Stunden lang aus einem Guss.