Von der Heydt-Museum Berühmt für Menschenbilder

Paula Modersohn-Beckers „Alte Armenhäuslerin“ ist zurzeit im Von der Heydt-Museum zu sehen.

Paula Modersohn-Beckers „Alte Armenhäuslerin“, um 1905.

Foto: VdHM/Von der Heydt Museum

Paula Modersohn-Becker ist berühmt für ihre Darstellungen von Frauen, Kindern, Armen und Alten. Dieses Bild aus unserer Sammlung zeigt die Armenhäuslerin Mutter Schröder, genannt „Dreebeen“, die der Künstlerin häufiger als Modell diente. Die alte Frau sitzt im Garten „in Positur“: Einerseits wirkt ihre Haltung gezwungen, mit einem misstrauisch abwartenden Blick eines Menschen, der es nicht gewohnt ist, besonders betrachtet zu werden. Andererseits bemüht sie sich, ihren Körper würdevoll aufrecht zu halten. Die Hände hat sie nebeneinander in den Schoß gelegt, als sei sie sich ihrer Wichtigkeit wohl bewusst.

Modersohn-Beckers Bemühung um eine strenge, statuarisch verfestigte Form ist sowohl an der Figur selbst als auch an den einfachen Umrissen des Pferdes und der Bäume im Hintergrund abzulesen. Zwar eingebunden in die Natur, bleibt doch die massive Gegenwart der großflächig dargestellten Frau bildbeherrschend. Die Individualität des Modells tritt zurück hinter Modersohn-Beckers Anspruch, ihre persönliche künstlerische Empfindung zum Ausdruck zu bringen. Dies wird an diesem Werk ganz deutlich: Paulas Schwester Herma Weinberg beschreibt Mutter Schröder als „kleine, verwachsene Zwergin mit dem im Verhältnis viel zu großen Oberkörper“. Die Künstlerin will jedoch nicht einfach abbilden und schon gar nicht verschönern. Was sie sucht und darstellen will, ist eine umfassende, humane und zeitlose Interpretation des Menschen und der Natur.

So verwandelt sie „Dreebeen“ auf der Leinwand in eine wuchtige und massige Gestalt, die Modersohn-Beckers Einsicht verkörpern soll, dass Alter und Krankheit Stufen zu der menschlichen Vollendung seien. In Worpswede fand sie mit den Darstellungen der einfachen Landbevölkerung die Möglichkeit, ihr „Verlangen nach Einfachheit und Größe“ zu stillen. Nachdem August von der Heydt dem Museum schon vor dem Zweiten Weltkrieg eine Reihe Gemälde von Paula Modersohn-Becker geschenkt und sein Sohn Eduard von der Heydt nach dem Krieg weitere Bilder der Künstlerin an das Museum gegeben hatte, wurde dieses Gemälde 1969 für die Sammlung des Von der Heydt-Museums erworben. Unser Museum besitzt damit neben dem Paula Modersohn-Becker-Museum in Bremen die meisten Werke dieser, früh mit nur 31 Jahren, verstorbenen Künstlerin. Das Bild „Alte Armenhäuslerin“ ist eines der zahlreichen Frauenporträts, die zurzeit in unserer Ausstellung Paula Modersohn-Becker zu sehen sind.