Kultur Eine musikalische Sternstunde

Das junge Orchester NRW brachte Musik für den Raum mit.

Das junge Orchester NRW spielte unter dem Dirigat von Ernst Reihl.

Foto: Bartsch,G. (b13)

Dass die Wuppertaler Stadthalle ein Klang-Juwel ist, wissen nicht nur „Insider“. Gerade die Musik des 19. Jh. entfaltet sich auf perfekte Weise in diesem Raum. So zu erleben beim Konzert des „Jungen Orchesters NRW“, unter Leitung von Ingo Ernst Reihl. Mit Wagner und Bruckner hatte der aus professionellen wie ambitionierten jungen Musizierenden bestehende Klangkörper Musik für den „Raum“ mitgebracht. Schade, dass in den Programmen des hiesigen Orchesters die Musik Bruckners gänzlich fehlt. Denn im etwa halbvollen Saal entfaltete sich durch das junge Orchester ein Wohlklang vom Feinsten mit Wagners Trauermarsch aus „Götterdämmerung“ und Anton Bruckners 7. Sinfonie. Unter dem klaren Dirigat Reihls konnte sich das Hauptthema des 1. Sinfoniesatzes durch die wunderbar „singende“ Cellogruppe, traumhaft schön von den Violen im Verlauf ergänzt, entfalten.

Die große Spielfreude war
dem Orchester anzumerken

Allen jungen Musizierenden spürte man eine hohe Konzentration und enorme Spielfreude an, dabei gab es klare Favoriten in den groß besetzten Orchestergruppen. Allen voran die tiefe Blechgruppe, mit Hörnern, Wagnertuben und Posaunen, ein Klangkörper der Extraklasse. Hier hätte man sich im Tutti deutlich mehr Glanz von den zwar soliden, aber etwas faden Trompeten gewünscht. Herrlich den Raum auskostende Holzbläser-Soli begeisterten den ganzen Abend, die große Violingruppe klang homogen, hätte gerne ihre tiefe „G-Saite“ im 2. Satz, den Bruckner auf den Tod Wagners verfasste, etwas leidenschaftlicher und klangvoller ausspielen dürfen. Dennoch wurde diese Interpretation des Adagios-Satzes zum absoluten Höhepunkt. In größter Ruhe und Emotion gespielt, alle Übergänge geatmet, das Ansteigen des Klanges bis zum erwarteten und befreienden Beckenschlag (ein Bravo auch dem gesamten Schlagwerk) war aufs Feinste austariert, Ingo Ernst Reihl bewies sich als aufmerksamer Impulsgeber und Klang-Ästhet. Eine große Leistung aller in diesem Mittelsatz, die jäh nach dessen Ende von etlichen „Dauer-Klatschern“ seiner Poesie und Leidenschaft beraubt wurde.

Ein zügiges Scherzo mit organischen Übergängen und eine nahezu pausenlose Fortsetzung ins Finale, in dem das Orchester und sein Leiter nochmal alle Qualitäten zusammenfassten, brachten eine große Interpretation der 1884 uraufführten und damals erstmalig mit Erfolg beschiedenen 7. Sinfonie zum Abschluss. Der zunächst verhaltene Applaus resultierte aus dem schnellen Übergang von 3. zu 4. Satz und bewies, dass in Wuppertal die Werke Bruckners wohl zunehmend in Vergessenheit geraten. Peinlich in der Stadt eines Günter Wand oder Hans Knappertsbusch. Ein ausführliches Programmheft gab wichtige Informationen, so auch zum einleitenden Trauermarsch aus Wagners „Götterdämmerung“. Es war eine musikalische Sternstunde.