Großer Klang im intimen Ambiente

Die WDR Big Band spielte erneut im Café Ada und bot Musik auf Weltniveau. US-Amerikaner Marshall Gilkes stand am Dirigentenpult.

Foto: Stefan Fries

Die Entstehung der Big Bands ist eng mit den USA verbunden. Auch heute werden solche Formationen fast ausschließlich mit Bands jenseits des Großen Teichs in Verbindung gebracht. Die Leute dort wissen zwar, dass es auch außerhalb ihrer Landesgrenzen diese großen Orchester gibt, nehmen sie aber nicht so richtig wahr. Eine Ausnahme gibt es aber: die WDR Big Band Köln. Fällt dieser Name, ziehen auch die Amerikaner vor Ehrfurcht den Hut.

Aus gutem Grund: Die Band hat mittlerweile zwei Grammys eingeheimst. Der Musikpreis ist mit dem Oscar in der Filmindustrie vergleichbar. 70 Jahre alt ist sie letztes Jahr geworden. Große Konzertsäle füllt sie wie selbstverständlich. Aber auch für ein intimes Ambiente ist sie sich nicht zu schade. So kehrte sie nun zum sechsten Mal in das Café Ada mit seinem Jazzclub-Flair im Obergeschoss ein.

Regelmäßig lädt sich die Band äste ein, die am Dirigentenpult mit ihr Musik machen. Der amerikanische Starsaxophonist Maceo Parker gehört dazu. Die aus dieser Zusammenarbeit hervorgegangene Scheibe „Soul Classics“ aus dem Jahr 2012 steht nach wie vor hoch im Kurs. Dieses Mal leitete Marshall Gilkes, der ebenfalls aus den Vereinigten Staaten kommt, das Jazzorchester. Bis vor drei Jahren war er vier Jahre lang als Posaunist festes Mitglied der Big Band, kehrte anschließend nach New York zurück. Doch blieb er ihr treu. Mit ihm als Bandleader ist 2015 die viel beachtete CD „Köln“ entstanden. Darauf das Stück „Vesper“, das sogar in den Kategorien „Best Instrumental Composition“, „Best Large Jazz Ensemble Album“ letztes Jahr für einen Grammy nominiert wurde. Zwischenzeitlich komponierte und arrangierte er weiter für das Kölner Aushängeschild Jazzmusik. Unter dem Titel „Sound Stories“ stellte er jetzt sein neues Programm erstmals vor. Swing, Funk und ein Hauch von Rock-Klängen Mit Cole Porters „Easy to love“ ging es los. Von der ersten Note an stimmte einfach alles. Auf den Punkt genaue, durchaus vertrackte Fillins seitens der Bläsersektion korrespondierten mustergültig mit der äußerst lebhaften Rhythmusgruppe. Simon Seidl als Ersatz für Frank Chastenier am Stutzflügel, Paul Shigihara an der E-Gitarre, Kontrabassist John Goldsby und Hans Dekker mit seinen Trommeln und Becken sorgten für einen ordentlichen Drive und ein gediegenes harmonisches Gerüst. Wohl ausgewogen waren die Trompeten, Posaunen und Reeds (Querflöte, Klarinette, Saxophon) untereinander, alle jederzeit ganz sauber in der Intonation.

Gab es einmal keinen treibenden Swing wie bei „Big tiny“, manchmal gespickt mit funky und leichten rockigen Anlehnungen, wurden auch ruhige, balladeske Töne angeschlagen wie bei dem Filmmusikklassiker „Forfait of Jenny“. Gestopfte Trompeten und Posaunen, dazu ein zärtlich mit den Besen gestreicheltes Schlagzeug — schöne romantisch-verträumte musikalische Linien standen dann im Vordergrund.

Perfekt durchkomponiert und arrangiert sind Gilkes’ neue Nummern. Keine Wünsche wurden offen gelassen. Es gab harmonische Rückungen, Tempowechsel, ein klanglich mustergültiges Changieren zwischen den Instrumentengruppen sowie die Abfolge von musikalischer Spannung und Entspannung. Inspirieren ließ er sich von persönlichen Erlebnissen und Eindrücken wie denen an seinen Sohn („Morning smiles“). Neu ist auch eine dreisätzige Suite, in der er Erlebnisse eines Alaska-Aufenthalts verarbeitete.

Dabei konnten fast alle Bandmitglieder mit solistischen Einlagen begeistern. Weltniveau in Form von höchster Virtuosität und kreativer Entfaltung konnte auch bei diesen Momenten erlebt werden. Jubelrufe heimste Gilkes ein, wenn er etwa wieselflinke Tonrepetitionen und rasend schnelle Läufe in allen Tonlagen durch seinen Posaunentrichter schickte.

Dieses Highlight im Wuppertaler Jazzleben wurde schließlich gebührend mit Standing Ovations gefeiert. Dafür revanchierte sich die WDR Big Band mit Gilkes’ „Hamam“.