Hartmut Klug: Der Tod tanzt zu seiner Musik

Der vielfältige Künstler zeigt Scherenschnitte im Deutschen Klingenmuseum in Solingen.

Wuppertal. Hartmut Klug zu begegnen, bedeutet vor allem eins: Man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es fängt schon damit an, dass der vitale Künstler, der leichtfüßig die Stufen zu den Ausstellungsräumen im Solinger Klingenmuseum hinaufsprintet, wo er derzeit ausstellt, 1928 in Dresden geboren wurde.

Es setzt sich fort, wenn man seinem sprudelnden Erzählfluss folgt, der durch ein voll gepacktes, reiches Musikerleben führt. Und es bekommt neuerliche Nahrung in der Ausstellung "Der Tanz des Schnitters", die ein zweites, bislang verborgen gehaltenes Künstlerleben des Musikers ausbreitet.

Denn bekannt ist Klug in der Region und weit darüber hinaus vor allem als Komponist, Dirigent, Pianist und Professor an der Musikhochschule Köln/Abteilung Wuppertal von 1974 bis 1991. Schon 1955 verschlug es ihn hierher, wo er bis 1969 an den Wuppertaler Bühnen zunächst als Ballettrepetitor und -Dirigent, später als Studienleiter und Kapellmeister für Oper und Operette und als Schauspielkomponist tätig war und 1968 die Leitung der Opernschule des Bergischen Landeskonservatoriums übernahm.

Gar nicht aufzählen lassen sich all die Aktivitäten im Dienste der Musik, die Klug noch neben diesen Haupttätigkeiten entfaltet hat: die Leitung von Jugend-Sinfonieorchestern, Laien- und Zupforchestern, Chören und Kammermusikensembles, oder die Vermittlung von Musik in Gesprächskonzerten, Familien- und Kinderkonzerten, als Dozent an der Bergischen Universität und mehr als 30 Jahre in Volkshochschul-Vortragsreihen.

Ein Leben, das ganz und gar der Musik gewidmet ist, möchte man meinen. Und doch gibt es da zwei weitere Konstanten, die sich durch Klugs Leben ziehen: die Kunst und der Tanz. Gezeichnet hat er immer schon, und zur selben Zeit, als er den ersten Klavierunterricht bekam, erfand er für sich selbst im Kindergarten den Scherenschnitt. "Ich wusste gar nicht, dass es das gab", erinnert er sich lachend. "Ich habe einfach geschnitten."

Später setzte er die Märchen in Scherenschnitte um, die die Großmutter ihm vorlas, bis er zu eigenen Themen fand - und blieb der fast vergessenen volkstümlichen Kunst treu. Die Blätter füllen heute riesige Stöße von Aktenordnern. "Ich weiß gar nicht, wohin damit!", stöhnt er, obwohl es noch mehr werden dürften.

Dass er sich nach seinem Studium an der Musikhochschule in Dresden endgültig für die Musik und nicht für die Kunst entschied, verdankt sich Klugs Begegnung mit der legendären Tänzerin Gret Palucca. Die engagierte den 18-Jährigen als ihren Pianisten, nahm ihn mit auf Tournee.

Klug lernte fast alle großen Tänzer der Zeit kennen, und erlebte später als musikalischer Leiter des Folkwang Tanztheaters unter Kurt Joos aus erster Hand, wie der deutschen Ausdruckstanz in einer ganz neuen Form des Balletts aufging. Der Tanz war es schließlich auch, der ihn als Repetitor an die Wuppertaler Bühnen brachte, zum damals noch klassischen Ballett unter Erich Walter.

Von Anfang an fasziniert erlebte er dann, wie die junge Pina Bausch von Wuppertal aus das Ballett revolutionierte. Ihr Tod hat den 81-Jährigen tief bewegt. Er habe sich sofort hingesetzt und ein Bild geschnitten: "Der Tod und die Tänzerin". Hier schließt sich ein Kreis - denn der Tod kommt bei Klug oft selbst tanzend daher. Er greift damit ein uraltes Motiv auf und verleiht zugleich seiner eigenen Auffassung vom Tod Ausdruck: "Der Tod ist etwas ganz Natürliches, auf das man sich einstellen sollte."

Er nimmt ihm in seinen Darstellungen nicht jeden Schrecken, aber er gießt eine mächtige Portion Humor darüber aus. In Klugs virtuos ausgeführtem Totentanz-Zyklus klappern selbst die Gebeine noch musikalisch. Finissage ist am 4. Oktober, 15Uhr, im Deutschen Klingenmuseum in Solingen. Nähere Infos unter Telefon 0212/25836-0.