Jugendclub der Bühnen inszeniert einen Comic - ohne festen Text
Der neu formierte Jugendclub der Bühnen arbeitet am ersten eigenen Stück. „Swallow me Whole“ heißt das Experiment.
Wuppertal. Als Strippenzieher hinter der den Kulissen hat Markus Höller schon allerhand erlebt. Aber dies ist selbst für den Theaterpädagogen neu: Zwei Wochen vor der Premiere kann er noch nicht absehen, wie sein neuestes Projekt enden könnte. Denn der Ausgang seiner Produktion liegt ganz in den Händen seiner Schützlinge.
So muss Höller „viel Vertrauen haben“, wie er mit der nötigen Portion Zuversicht betont: „Bei jeder Probe kommen neue Ergebnisse heraus — Ergebnisse, die ich nicht vorgebe.“ Zwar hatte Höller die Idee zu dem Stück, das er nun mit dem neu formierten Jugendclub der Wuppertaler Bühnen auf die Bühne bringt. Und er setzt auch Übungen in Gang, die das ganze Theater unterstützen.
Doch den Rest bestimmen die 15 Jugendlichen, von denen viele im Kleinen Schauspielhaus zum ersten Mal im Rampenlicht stehen werden. „Das ist auch für mich spannend“, betont Höller. „Wir haben keine Textvorlage — wie sonst üblich. Das Stück baut sich erst ganz am Schluss zusammen.“ Obwohl „Swallow me Whole“ bereits die fünfte abendfüllende Produktion ist, die das Pädagogen-Duo Markus Höller (Inszenierung) und Miriam Rösch (Dramaturgie) mit Jugendlichen realisiert, ist diesmal also alles ganz anders.
Es gibt nicht nur eine neue Jugendclub-Generation, die hoffnungsfroh mit den Füßen scharrt. Es gibt vor allem eine Herangehensweise, die sich — Schritt für Schritt — von den Vorgänger-Inszenierungen unterscheidet.
Diesmal dreht sich alles um einen Comic-Roman (Graphic Novel), der noch dazu nur in Englisch vorliegt. Auf gut Deutsch gesagt: „Wir haben die Comic-Szenen der Vorlage decodiert, die Handlung in eine eigene Sprache übersetzt und diese dann wieder in Bilder gefasst.“ „Swallow me Whole“ ist deshalb keine Wiedergabe der Comic-Geschichte, sondern ein eigenständiges, „bilderreiches Stück“, das viele Fragen aufwerfen soll. Fragen, die vor allem Jugendliche beschäftigen.
Was ist „normal“? Was ist Realität? Wer bestimmt das? Und vor allem: Wie findet man die Balance zwischen der eigenen Identität und den gesellschaftlichen Erwartungen? So bringen die 15- bis 21-Jährigen nicht zuletzt persönliche Erfahrungen ein und greifen Motive aus dem Comic-Roman auf. Was die Figuren an- und umtreibt, gilt schließlich auch für die Jung-Schauspieler, die ihnen ein Gesicht geben: Ziel ist, „eine eigene Meinung zu Dingen und Menschen zu finden — und Pläne für die Zukunft zu schmieden.“ Es geht aber auch um das Gefühl, sich fremd zu fühlen — fremd in der gerade noch so vertrauten Welt, fremd im eigenen Körper.
Wie das ganze Theater ausgeht? Die Antwort gibt es am 15. April im Kleinen Schauspielhaus — bei einer Uraufführung, der Höller mit großer Erwartung entgegenfiebert. Denn so viel ist doch schon abzusehen: „Die Jugendlichen haben eine eigene Ästhetik gefunden. Es wird sehr atmosphärisch werden.“