Kurrende-Leiter auf dem Absprung
Martin Lehmann freut sich auf seine neue Herausforderung in Windsbach, geht aber zugleich mit einem „großen weinenden Auge“.
Wuppertal. Wie die WZ berichtete, wechselt Martin Lehmann, derzeit musikalischer Leiter der Wuppertaler Kurrende, zum Windsbacher Knabenchor.
Herr Lehmann, was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe in Windsbach?
Martin Lehmann: Die tägliche intensive musikalische Zusammenarbeit mit Jungen, die im Internat leben und sich für den Weg entschieden haben, in einem solchen Spitzenchor mitzusingen. Bei dieser professionellen Arbeitsgrundlage und der herausragenden Reputation des Chors schlägt das Musikerherz natürlich höher. Ich freue mich auch auf die Zusammenarbeit mit namhaften Orchestern und Solisten.
Was unterscheidet den Windsbacher Chor von der Kurrende?
Lehmann: Ein Internats-Chor ist kaum mit unseren guten, aber ganz anders gearteten Strukturen in Wuppertal zu vergleichen. Wir sehen uns hier ja „nur“ zwei Mal pro Woche. In Windsbach leben die Jungen ab der vierten Klasse bis zum Ende des zwölften Schuljahres im Internat, gehen gemeinsam zur Schule, teilen Freud und Leid im Internats-Leben miteinander und bilden so sicherlich eine noch festere Gemeinschaft. Das ist den musikalischen Aufgaben und der Verinnerlichung der geistlichen Literatur sicherlich zuträglich. Inhaltlich unterscheiden sich die beiden Chöre in diesen Dingen eigentlich kaum.
Wie prägend war bzw. ist die Zeit in Wuppertal für Sie?
Lehmann: Unglaublich positiv prägend. Ich bedauere, dass die tolle gemeinsame Zeit, die für mich und auch für meine Familie eigentlich viel langfristiger angelegt war, ein so schnelles Ende finden wird. Die Zusammenarbeit im Kurrende-Team ist hervorragend, viele (auch musikalische) Ideen und Vorhaben ließen sich für mich mit breiter Unterstützung aller Beteiligten umsetzen, und noch viel mehr sind noch im Konzept- oder Planungsstadium. Insofern überwiegt ein großes weinendes Auge mit Blick auf die schöne und fruchtbringende Arbeit hier in Wuppertal.
Sie waren sechs Jahre lang musikalischer Leiter der Kurrende. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?
Lehmann: Zunächst „bin“ ich gern und mit ganzen Herzen Kurrende-Leiter. Das mit dem „gern“ und mit dem „Herzen“ wird immer so bleiben, ein neuer kompetenter Nachfolger wird ab dem neuen Kalenderjahr ein gut bestelltes Feld vorfinden und ein neues und eigenes Kapitel zum Wohl der Kurrende aufschlagen. Wenn Sie mich also bitten, schon jetzt ein Fazit zu ziehen, so ist dies wirklich schwer, weil ich noch mitten in der Arbeit stecke. Ich habe bisher schon unglaublich viel profitieren dürfen, hier eine tolle Gemeinschaft erlebt und ebenso versucht, diese zu prägen. Ich habe musikalisch und geistlich inspirierende und wertvolle Projekte durchführen und großartige Menschen kennenlernen dürfen, mit Elan und Gesundheit mit vielen engagierten Sängern, Elternhäusern und Mitarbeitern zusammenarbeiten können, viele interessierte und offene Zuhörer ansprechen dürfen.
Wann genau werden Sie wechseln?
Lehmann: Mit den Quempas-Konzerten 2011 und unserem traditionellen „Singumgang“ am Heiligabend im Krankenhaus werde ich den „symbolischen Dirigentenstab“ hoffentlich in die Hände eines neuen kompetenten musikalischen Leiters oder einer Leiterin der Kurrende legen können. Dann folgt zum Jahresende oder im Januar der Umzug ins fränkische Windsbach, bevor ich mich dort einarbeiten und ab dem 1. Februar 2012 dann das komplette musikalische Geschäft in Windsbach übernehmen werde.
Welche Ziele möchten Sie bis zu Ihrem Wechsel noch umsetzen?
Lehmann: Unsere kontinuierliche Probenarbeit und unsere Konzertplanung der zweiten Jahreshälfte mit einem großartigen weltlichen A-Cappella-Programm und Bergischen Heimatliedern, mit einem spannenden Familienkonzert mit dem Sinfonieorchester und Ausschnitten aus dem Weihhnachtsoratorium, mit Konzert- und Gottesdienstmitwirkungen und nicht zuletzt mit stimmungsvollen, traditionsreichen Quempas-Konzerten.
Und die Nachfolge-Suche?
Lehmann: Mir ist es wichtig, das emotionale Feintuning der Choristen auf ein neues Chorleiter-Gesicht und den organisatorischen Übergang positiv zu begleiten. Die seinerzeitige, sehr konstruktive und mir dennoch alle Freiheiten belassende Übergabe von Heinz Rudolf Meier war für mich prägend und kann sicherlich als Vorbild dienen, selbst wenn mir hierfür leider deutlich weniger Zeit bleibt.