Rock Pioniere eines Rocksounds, der sich gegen Gehörtes sperrt

Wuppertal · Anti-Neue-Deutsche-Welle-Band „Kowalski“ startet heute ihr Comeback in der Börse. Musiker begannen 1980 in Wuppertal.

Die Band „Kowalski“ mit Hans Bäär, Dirk Sengotta und Uwe Fellensiek (v.l.).

Foto: Fischer, Andreas H503840

Die Leidenschaft ist da, die Hoffnung auch, und dazu gibt es noch jede Menge Songmaterial. „Kowalski“ steht wieder auf der Bühne. Die legendäre Anti-Neue-Deutsche-Welle-Band ist wieder da. Nach bald 30 Jahren, einer gefühlten Ewigkeit. Die Musiker kehren zu ihren Ursprüngen zurück. Nach Wuppertal, in die börse, „wo wir unseren ersten Gig hatten“, erinnert sich Frontmann Uwe Fellensiek. Auch wenn das damals noch nicht an der Wolkenburg war.

Sicher sind die Herren Fellensiek, Hans Bäär, Rüdiger Elze und Dirk Sengotta (der Rüdiger Braune Ende der 90er Jahre ersetzte) älter geworden. Doch die Musik ist immer noch laut, individuell und intensiv. Und wenn dann „die Momente kommen, in denen wir die Kontrolle über den Song haben, ist das unglaublich schön“, sagt Fellensiek, der die treibende Kraft hinter dem Comeback ist. So wie der Bochumer seinen Künstlernamen der Band gab, „weil wir einen normalen Namen wie Müller oder Schmitz haben wollten und ich als Bergmann zusammen mit vielen Polen arbeitete“, erzählt der heute 63-Jährige. Ergänzt, dass Kowalski im internationalen Film Synonym für den aufrechten Arbeiter sei, in „Endstation Sehnsucht“ oder „Fluchtpunkt San Francisco“. Der deutschen Fernsehnation ist der einzige Nicht-Wuppertaler der Band vor allem als Kommissar oder Polizist bekannt, den er in „Im Namen des Gesetzes“, „SK Kölsch“ oder „Notruf Hafenkante“ gab.

Gianna Nannini warb
die Musiker ab

1980 taten sich die Musiker in Wuppertal zusammen, um „Industrierock mit Psychoeinflüssen“ und deutschen Texten zu machen. Der Erfolg stellte sich allerdings weniger in Deutschland ein, das auf „Neuer Deutscher Welle“ und Nena & Co stand, sondern in den Niederlanden und Großbritannien. „Wir wurden verrissen, passten einfach nicht ins Bild.“ Die Pioniere eines neuen Rocksounds, der sich „gegen bislang Gehörtes sperrte“, hatten mit Rüdiger Elze einen Gitarristen, der nicht nur sein Instrument, sondern auch die Elektronik beherrschte, daraus über die Jahre einen ganz besonderen Sound feilte. Fellensiek: „Und am Schlagzeug entwickelte Rüdiger Braune einen neuen perkussiven Sound.“ Ansonsten zeichnete sich Kowalski als Liveband aus, die ihre Songs mit ihren „magischen Momenten“ meist um den Drummer herum aufbaute. Den Text destillierte Fellensiek dabei aus improvisierten Lautmalereien.

Anfang der 1990er Jahre gab es die Band so gut wie nicht mehr, jeder ging seine eigenen Wege: Gianna Nannini hatte die Musiker abgeworben, die Plattenfirma hatte auf Mainstream-Musik bestanden, Fellensiek seine Filmkarriere gestartet. Eine Studioräumung, der Musikbänder der Band im Weg waren, läutete die Wiederauferstehung ein: Fellensiek ließ das Material digitalisieren, schuf aus den alten Files, teilweise mit neuen Musikern, neue Songs, zu denen er Videos drehte. Basis für eine Platte und einen Neustart. Dann aber wurde Rüdiger Elze über Jahre schwer krank. Versuche, ihn zu ersetzen, scheiterten. Die Band entschied: „Entweder Kowalski tritt im Original auf oder Kowalski ist tot. Wir wollen nicht in unserer eigenen Coverband spielen.“

Doch Elze berappelte sich, seit Anfang 2019 geht ihm besser, „man kann zugucken, wie er sich regeneriert“, freut sich Fellensiek. Seit dieser Woche proben die Musiker in der börse, der Sound ist der alte, wird heute aber einfacher erzeugt – dank digitaler Technik, die auch eltiche neue Sachen erlaube. „Wir haben einen Berg neuer Sachen, die wir noch gar nicht alle aufbereitet haben.“ Fellensiek gibt sich vorsichtig. „Es wäre schon schön, wenn sich die Band etablieren würde.“ Einige Termine sind festgemacht, der Vorverkauf für das Paradiso in Amsterdam nächstes Jahr läuft bereits auf Hochtouren. Ein Album soll aber erst auf den Markt, „wenn wir gut ankommen“. Bei denen, die sich damals für „Kowalski“ begeisterten, die nun vielleicht ihre Söhne mitbringen. „Wir wollen uns ein Publikum erspielen“, hofft er. Und dass es Rüdiger weiter besser geht.