Sänger im Spannungsfeld

Barbara Schlicks Studenten gastierten an der Sternstraße.

Wuppertal. Zu einem langen und vielfältigen Abend luden die Studenten der Gesangsklassen von Barbara Schlick am Dienstagabend in die Immanuelskirche ein. Hierbei zeigte sich, dass die Dozentin der Wuppertaler Musikhochschule jede Stimmlage individuell fördern kann.

Die Sänger präsentieren Musik, die am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden ist - unter dem Motto "Spannungsfeld zwischen Frankreich und Italien". Das wohl schwierigste Werk eröffnet den Abend: Für André Caplets "Messe à trois voix" haben sich acht Sängerinnen im Oratorienensemble unter der Leitung von Wolfgang Kläsener zusammengefunden und singen für die Zuschauer fast unsichtbar aus der Kuppel der Kirche. So schön dies für die Akustik auch ist, so undankbar ist diese Position für die Künstler: Jede noch so kleine Unsicherheit lässt sich nicht verbergen. Doch der Abend geht ausnahmslos intonationsrein weiter. Hayat Chaoui gibt vier Lieder von Claude Debussy mit einem individuellen Stimmklang und freier Stimme charakterstark.

Nina Nussbaums versieht ihre starke Altstimme für Gabriel Faurés "Puisque l’aube grandit" mit sehr viel Vibrato: Sie setzt es nicht als gezieltes Stilmittel ein. Gemeinsam mit Catalina Bertucci in Giacomo Rossinis "La Pesca" passt aber gerade das wieder, und man fühlt sich gleich versetzt auf die große Opernbühne.

Das gelingt auch Sang-Ywoon Park. Renato Brogis "Visione Veneziana" weicht völlig ab von der klassischen Venedig-Vorstellung: Das lyrische Ich fährt in einer Gondel mit seiner Geliebten durch die Stadt - diese aber ist bereits tot. Die Atmosphäre fesselnder Dramatik und Verzweiflung ist ab dem ersten Ton präsent und lässt die Zuhörer auch nach dem Ende noch in Schrecken verharren, ehe sie sich trauen zu applaudieren. Auch wenn nur wenige Liebhaber den Weg zum Konzert fanden, ändert dies nichts an ihrer Begeisterung.