Saison-Bilanz: Bühnen erleben eine Achterbahnfahrt
Die Oper hält ihr hohes Niveau, das Sprechtheater erlebt ein Wechselbad der Gefühle: Die Bilanz fällt gemischt aus.
Wuppertal. Obwohl die Bühnen in der vergangenen Spielzeit 15.000 Besucher weniger zählten, sieht Schauspiel-Intendant Christian von Treskow ein wichtiges Ziel erreicht: "Wir haben es in relativ kurzer Zeit geschafft, das Kleine Schauspielhaus als Spielstätte zu etablieren."
Der 41-Jährige freut sich vor allem über die Zusammensetzung des Publikums. "Im Kleinen Schauspielhaus haben wir eine gute Mischung aus Stammpublikum und jüngeren Zuschauern." Während von Treskow mit der Annahme des Kleinen Schauspielhauses sichtlich zufrieden ist, sieht die Situation des Sprechtheaters im Opernhaus ganz anders aus. "An diesem Punkt sind wir absolut verbesserungsfähig", gibt von Treskow zu.
Mit anderen Worten: Die Auslastung der Schauspiel-Produktionen im Operngebäude ("Im Dickicht der Städte", "König Lear" und "Der Prozess") hätte besser sein können.
Apropos Opernhaus: Für Geschäftsführer Enno Schaarwächter ist es nicht der ideale Ort für junge Zuschauer - was die Sichtmöglichkeiten betrifft. Deshalb kommt die "Steinsuppe" am 26.November auch nicht im Opernhaus, sondern im Kleinen Schauspielhaus heraus - selbst wenn die Erfahrungen der vergangenen Saison gezeigt haben, dass ein größerer Saal für ein Familienstück, das viele Schulen in Klassenstärke besuchen, angebrachter wäre. "Schon jetzt sind fast alle ,Steinsuppen’-Vorstellungen ausverkauft", betont Schaarwächter.
Mit Hochdruck hat das Team einen alternativen (finanzierbaren) Spielort gesucht, Fabrikhallen besichtigt und Schulen kontaktiert. "Das Problem ist", so von Treskow, "dass viele Schulen derzeit renoviert werden." Und deshalb die favorisierten Aulen blockiert sind. Folglich bleibt es nun beim Kleinen Schauspielhaus. In dem glich die vergangene Spielzeit übrigens einer "Achterbahnfahrt", wie Schaarwächter betont. Während "Eine Billion Dollar" fast immer ausverkauft war und sich, so von Treskow, schnell zum "Blockbuster" entwickelte, hielt sich das Interesse an "Jona" oder "Kollaps" in Grenzen.
Da sich die Bühnen zum Start der neuen Intendanz und der neuen Spielstätte vor allem auf das Kleine Schauspielhaus konzentriert hätten, habe es im Gegenzug weniger Gastspiele gegeben, wie Schaarwächter vorrechnet: "Deshalb haben wir, was die Gastspiele betrifft, auch 4000 Besucher weniger."
Einen Grund für die schwindenden Besucherzahlen sieht von Treskow aber auch in der Diskussion um die Schließung des Schauspielhauses: "Wenn über einem Theater ein solches Damoklesschwert hängt, führt das zu einem schlechten Image - man wird für viele unattraktiv." Ob er zu irgendeinem Zeitpunkt erwogen hat, alles hinzuschmeißen? "Wenn man mit Enthusiasmus startet und nach zwei Monaten die Existenzberechtigung abgesprochen bekommt, ohne vorher informiert worden zu sein, kann man schon schlechte Laune bekommen und denkt über so etwas nach." Doch die Unterstützung aus dem Haus und bei den Protestaktionen "haben uns schnell den rechten Weg gewiesen".
Unter dem Strich zeigen sich Schaarwächter und die Intendanten denn auch zufrieden: "Insgesamt haben wir eine Auslastung von 70 Prozent." Opern-Chef Johannes Weigand sieht es so: "Es freut mich, dass in Wuppertal auch unbekanntere Stücke ihr Publikum finden." Und nicht nur "Klassiker" gefragt seien. So habe die "Griechische Passion" nicht weniger Zuschauer angelockt als einst "Tristan und Isolde". Die Oper hält ihr hohes Niveau, ein Hit ist jedoch vor allem auch ein Musical: "Cabaret" ist nach wie vor ein Kassenschlager.