Sinfoniker stellen Reifezeugnisse aus

Das Orchester präsentiert sich einmal mehr in Bestform. Am Montag dirigiert Toshiyuki Kamioka erneut in der Stadthalle.

Wuppertal. "Reifezeugnisse" ist das zweite Konzert des Wuppertaler Sinfonieorchesters betitelt: Den reifen Orchesterstil von Johannes Brahms läuten seine acht "Variationen über ein Thema von Joseph Haydn" (op.56a) von 1873 ein. Das Sinfonieorchester, mit vielen solistischen Rollen von Bläsern und Streichern, glänzt mit transparentem Spiel unter Toshiyuki Kamiokas Leitung im Variationenwerk über den Chorale Sancti Antoni.

Im Gestus langsam, ist etwa die vierte "Andante con moto" eine fein ziselierende und leicht wiegende Elegie mit Oboen- und Hornsolo im Unisono, der eine hüpfende Variation im verqueren Taktgefüge folgt. In der finalen Passacaglia wechseln die Oberstimmen über dem Ostinato-Bass: Das volle Orchester, von Skalenläufen der Holzbläser umrauscht, schließt mit dem glanzvollen Choralthema. Sein "Konzert für Oboe und kleines Orchester" in D-Dur bezeichnete der Komponist selbst als "Handgelenksübung" - reichlich untertrieben für das herrliche Alterswerk von 1945.

Den Solisten stellt das Sinfonieorchester dieses Mal aus den eigenen Reihen: Ein reifes Zeugnis seiner Kunst legt wieder einmal Andreas Heimann ab. Mit großem, rundem Ton lässt er seine Oboe erklingen. Weich und doch bestimmt, in feiner Artikulation pulsieren die Arabesken im Kopfsatz, vom filigranen Orchesterklang begleitet.

Dirigent Kamioka kostet seine Vorliebe für extreme Tempi aus, stellt sie jedoch stets in den Dienst der Komposition. Ein inniger Gesang, fast im klassischen Stil, ist das "Andante" - mit großem Atem von der Oboe gespielt. Solokadenzen verbinden die Sätze, und im Finalsatz perlen getupfte Läufe des Soloinstruments inmitten vom schwingenden, wirbelnden Orchester-Tutti.

Robert Schumanns vierte Sinfonie gilt nach ihrer Umarbeitung von 1851 als sein sinfonisches Hauptwerk. Wie eine romantische Fantasie entwickelt sich das Werk ohne Unterbrechungen, wohl aber mit umschließenden Übergängen. Die schwermütige "Romanze" mit dem Liedthema der Solo-Violine lässt Kamioka genussvoll aussingen, stürmt aber ansonsten im forschen Tempo durch die Partitur.

Das Aufblühen und Vergehen der romantisch-überschwänglichen Musik dirigiert er in wogender Dynamik. Nach einem wilden "Scherzo" schleichen sich auch düstere Stimmungen in die Musik. Schließlich aber klingt das markante Thema des Kopfsatzes im Presto-Finale an, das Kamioka nicht zu gewichtig nehmen lässt - großer Jubel für die "reife" Musik und die hohe gestalterische Reife aller Ausführenden.