Sparzwang: Bald nur noch ein Sinfonieorchester im Städtedreieck?
Wuppertal muss 40 Millionen Euro einsparen. Ein Opfer könnte das Sinfonieorchester sein.
Wuppertal. Werden das Sinfonieorchester Wuppertal und die Bergischen Symphoniker zusammengelegt? Möglicherweise gehört das zu den großen Posten im Sparpaket von Kämmerer Johannes Slawig (CDU). Der weigert sich bislang beharrlich, noch vor der Kommunalwahl am 30. August ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen. Dies wird von der Bezirksregierung gefordert, um die drückende Schuldenlast einzudämmen. 40 Millionen Euro muss die Stadt kürzen - und das geht nicht ohne unpopuläre Einschnitte.
Die Wuppertaler können bisher nur spekulieren, was ihnen nach der Wahl droht. Die CDU ergeht sich in ihrem jüngsten "Blickpunkt" in unverbindlichen Andeutungen, darunter auch die: "Insbesondere im Rahmen der bergischen Kooperation von Remscheid, Wuppertal und Solingen... sind Projekte mit erheblichem Einsparvolumen denkbar." Beispiele werden nicht genannt, sehr wohl aber Planspiele hinter den Kulissen geführt. Eines sieht so aus: Die drei bergischen Städte einigen sich darauf, die beiden Orchester aufzugeben und ein gemeinsames zum Beispiel unter dem Namen Bergisches Sinfonieorchester neu zu gründen. Das käme dann mit 120 statt insgesamt rund 170 Musikern aus. Das Wuppertaler Orchester hat 88 Planstellen. Aus Wuppertaler Sicht ließen sich drei Millionen Euro pro Jahr einsparen - eine Größenordnung, an der man in Krisenzeiten schlecht vorbeikommt. Zumal das Orchester den städtischen Haushalt mit etwa zehn Millionen Euro im Jahr belastet.
Offizielle Stellungnahmen zu dem Konzept aus dem Rathaus gibt es nicht. Die Idee, aus zwei Orchestern eines zu machen, ist aber nicht neu, galt bisher allerdings als Tabu. Tabus gibt es laut Slawig angesichts der Haushaltslage bekanntlich nicht mehr, und so mutmaßen Insider, dass mit einem Konzept nur noch so lange gewartet wird, bis vor allem in Solingen feststeht, wer neuer Rathauschef wird.
Gemeinsame Projekte zu stemmen, war im Städteverbund nie einfach. So ist es zum Beispiel nicht gelungen, eine gemeinsame Feuerwehrleitstelle für alle drei Städte einzurichten. Zu einer Orchesterfusion hieß es noch im vergangenen Jahr übereinstimmend: kein Thema.
In Wuppertal käme ein Aus für das Sinfonieorchester einem Kulturschock gleich, der in der Musikszene zu den heftigsten aller denkbaren Widerstände führen könnte. Allerdings haben sich die Zeiten geändert. Politiker handeln auch in bürgerlichen Kreisen mittlerweile nach den Motto: Lieber den Tiger selbst reiten, bevor es andere tun. Das bedeutet: Die klammen Kommunen müssen dafür sorgen, konkurrenzfähig zu bleiben und gleichzeitig verhindern, dass Angebote per Order aus Düsseldorf gestrichen werden.
Letzteres könnte schneller der Fall sein, als gedacht - sollte das Haushaltssicherungskonzept nicht die Anforderungen der Bezirksregierung erfüllen.
Um eine Orchester-Neugründung umsetzen zu können, müssten aber nicht nur politische Klippen umschifft werden. Die Wuppertaler gönnen sich ein sogenanntes A-Orchester von internationalem Ruf, während Solingen und Remscheid gemeinsam ein B-Orchester unterhalten. Das kennzeichnet nicht nur einen Qualitätsunterschied, sondern gruppiert die Musiker auch in unterschiedliche Gehaltstarife ein.
Ein neues Orchester könnte nach Insider-Meinung nur ein A-Orchester sein. Alle Musiker müssten neu eingestellt werden. Ob Stardirigent Toshiyuki Kamioka da mitspielen würde, ist ungewiss. Er hat fünf Jahre gebraucht, um das Sinfonieorchester zu einem der besten der Republik zu machen. Da müsste vieles neu aufgebaut werden. Andererseits könnte er Konzerte mit mehr als 14 Streichern anbieten. Das müsste den Pragmatiker, der kompromisslos auf Qualität setzt, reizen.
Bis zur Kommunalwahl herrscht aber allenthalben Stille - auch beim Sinfonieorchester. Dessen neue Saison beginnt am 5. September.