Stephan Ullrich in Barmen: „Theater ist immer ein Kampf“
Am Sonntag, 18. November, startet die „Glückliche Reise“: TV-Star Stephan Ullrich feiert in Barmen Premiere.
Wuppertal. Politisches Theater und beschwingte Operetten-Töne — wie passt das zusammen? Auf den ersten Blick überhaupt nicht. Auf den zweiten gibt es durchaus jemanden, der beides zu seiner Bühne macht: Der „Verbindungsmann“ heißt Stephan Ullrich, ist gebürtiger Solinger, macht ab Sonntag offiziell in Wuppertal Theater und feiert damit in Barmen eine echte Premiere. Zum ersten Mal ist der Schauspieler an den Wuppertaler Bühnen im Einsatz.
Verantwortlich dafür ist seine politische Ader. Denn Ullrich ist einer, mit dem man stundenlang philosophieren könnte — über die Schauspiel-Kunst, die für ihn nicht zuletzt Ausdruck eines politischen Bewusstseins sein sollte („Sonst ist das Theater eine reine Spaßbude“), vor allem aber auch über Volksvertreter, an die er eine ganz besondere Einladung ausspricht: „Die Stadträte sollten mal zu einer Probe kommen und sich dann überlegen, ob sie das hier rasieren.“ Der Druck in Zeiten des Spardiktats sei entsprechend groß. Trotzdem sei eines ganz deutlich zu spüren: „Jeder hat sein Herz hier drin“, sagt der 52-Jährige und meint das Opernhaus, in dem an diesem Sonntag um 18 Uhr die „Glückliche Reise“ beginnt.
Stephan Ullrich, Schauspieler
Der Titel von Eduard Künnekes Operette verheißt Gutes für den Zuschauer — einen heiteren Abend nämlich — , ist andererseits aber auch skurril bis irreführend, wenn man die Situation der städtischen Bühnen betrachtet, auf die drastische Etatkürzungen zukommen. Die Zeiten für das Ensemble sind alles andere als glückselig — und wohin die Reise geht, ist für die Schauspieler eine Frage, die immer existenzieller wird.
Die prekäre Lage war es auch, die Ullrich überhaupt erst zu den Wuppertaler Bühnen brachte. Als vor zwei Jahren offensiv gegen drohende Einschnitte und gegen die Schließung des Schauspielhauses protestiert wurde, zog es den Solinger zunehmend in die Wuppertaler Theaterwelt. So entstand auch der Kontakt zur Führungsriege — und am Ende der erste Gastvertrag des Schauspielers, den viele Zuschauer vor allem aus dem Fernsehen kennen.
In der ZDF-Serie „Samt und Seide“ hat er Felix und damit eine Hauptrolle gespielt. Auch das „Traumhotel“ der ARD kennt er. Im „Forsthaus Falkenau“ war Ullrich ebenfalls zu Gast. Überhaupt stand er für die unterschiedlichsten TV-Produktionen, darunter „Danni Lowinski“, vor der Kamera.
Seine eigentliche Heimat ist und bleibt jedoch die Theaterbühne. Dass er nun eine „Glückliche Reise“ verspricht, also trotz schwieriger Zeiten pure Heiterkeit versprühen will, sei dabei kein Widerspruch. „Man muss unterscheiden: Das droht uns — und das ist die Arbeit. Der Zuschauer will das Stück sehen. Er will nicht sehen, wie schlecht es uns geht.“
Zumal Ullrich lange genug im Geschäft ist, um zu wissen, dass ein Leben im Rampenlicht auch Schattenseiten hat. „Theater ist immer ein Kampf. Ich kenne das gar nicht anders“, sagt er. „Zum Theater gehört, dass man aus der Not und der Verzweiflung heraus etwas Neues gebiert.“
Wenn er eine Lanze dafür bricht, „nicht zum sechsundneunzigtausendsten Mal ,Romeo und Julia’ zu zeigen“, sondern die „Strahlkraft des Theaters“ auch für Unbequemeres zu nutzen, ist er ganz in seinem Element: Ullrich lässt Tiefsinn erkennen und findet zugleich deutliche Worte jenseits des Elfenbeinturms. Deshalb klingt es auch nicht nur wie professionelle PR, sondern nach einer echten Herzensangelegenheit, wenn der Künstler von seiner aktuellen Produktion spricht.
„Die Songs sind Evergreens und einfach bezaubernd“, betont der 52-Jährige, für den die „Glückliche Reise“ nicht die erste Kooperation mit Kollegen aus einer anderen Sparte ist. „Es ist ein Geschenk, wenn ein Schauspieler mit Musikern arbeiten darf. Musik ist für mich Heilung, sie streichelt die Seele.“
Wovon nicht zuletzt auch das Publikum profitieren soll: „Es ist toll, wenn man den Zuschauern einen Moment des Vergessens beschert. Sie dürfen und sollen sich im Theater ja auch erholen — während die Welt um uns herum rast und immer mehr Entscheidungen verlangt.“ Politische Ambitionen und heitere Operetten-Freuden — am Ende passt es also doch zusammen.