Tänzer punkten mit Komik im Blumenmeer

Das 31 Jahre alte Stück wurde neu einstudiert — und begeistert noch immer. Das Opernhaus war an vier Abenden ausverkauft.

Wuppertal. „Liebe ist meistens ein Reinfall, aber ich versuche es immer wieder.“ Nein, Michael Strecker sagt es nicht durch die Blume. Der Tänzer erklärt es geradeheraus. Und vor allem: Er sagt es mit jener Mischung aus (Selbst-)Ironie und Melancholie, die Pina-Bausch-Stücke so unverwechselbar macht. „Nelken“ — in diesem Fall nicht in gebundener, sondern in getanzter Form — sind da keine Ausnahme. „Sie gähnen ja schon und mir tun die Füße weh“, meint Strecker, als der gut zweistündige Abend im Opernhaus dem Finale entgegengeht.

Schluss mit lustig also? Von wegen! Das Pina-Bausch-Ensemble spielt leichtfüßig mit Zuschauerererwartungen, nimmt sich selbst auf den Arm und kokettiert augenzwinkernd mit den großen Pina-Bausch-Themen, die natürlich auch im „Nelken“-Reigen nicht zu kurz kommen: Liebe, Sehnsucht und Zuversicht, Gewalt, Gruppenbildung und Geschlechterkampf.

Mit anderen Worten: Die Neueinstudierung von „Nelken“ ist alles andere als ein Reinfall. Das Publikum liebt das heitere Stück, das vor 31 Jahren uraufgeführt wurde, nach wie vor. Viermal ist das Opernhaus ausverkauft — viermal gibt es am Ende stehend gespendete Ovationen.

Und weil „Nelken“ unter allen Pina-Bausch-Choreografien das Stück mit der wohl größten Lächelgarantie und den sichtbarsten Schmunzeleffekten ist, wirken nicht wenige Gäste nach zwei kurzweiligen Stunden sichtlich berührt. Das mag nicht zuletzt daran liegen, dass zwei Tänzer, die erst seit wenigen Monaten zum Ensemble gehören, immer weiter aufblühen. Dabei wirkt Scott Jennings wie eine jüngere Ausgabe von Lutz Förster, in dessen Fußstapfen er tritt. Seine zentrale Szene mit der faszinierend integrierten Gebärdensprache meistert der Brite mit Bravour — und es ist überhaupt kein Nachteil, wenn Zuschauer, die den Vergleich ziehen können, dabei unweigerlich auch an Lutz Förster denken.

Paul White fügt sich ebenfalls nahtlos ein. Das australische Kraftpaket darf diesmal nicht nur Muskeln spielen lassen, sondern auch seine komische Seite zeigen: „Wenn mich jemand sucht — ich bin in der Kantine.“