Tänzer von Pina Bauschs "Lebensrollen" entdecken sich neu
Senioren blicken auf die „Lebensrollen“ zurück, die sie unter Pina Bausch hatten.
Wuppertal. Sie haben in ihrem Leben viele Rollen gespielt, waren Ehefrau oder Ehemann, Vater oder Mutter, Arbeitnehmer oder Arbeitgeber. Und doch war die Rolle, die sie in Pina Bauschs „Kontakthof — Mit Damen und Herren ab 65“ spielten, eine prägende in ihrem Leben — verbunden mit der Erfahrung, dass man sich auch nach dem Ende des Berufslebens ganz neu entdecken und über sich selbst hinauswachsen kann.
Die Pina Bausch Stiftung zeigt im Kunstraum „Olga“ die Foto-Ausstellung „Lebensrollen“ vom letzten Auftritt der Senioren im Februar dieses Jahres in Frankreich. Fotografin Dörthe Boxberg präsentiert einen Wechsel von Porträts und Szenenfotos, verbunden mit kurzen Texten, die aus Interviews der Damen und Herren mit Jakob Haahr Andersen stammen. Einige der Interviews sind im Kopfhörer vor dem jeweiligen Porträt anzuhören.
Natürlich waren am Samstag viele der Aktiven zur Eröffnung der Abschieds-Ausstellung gekommen. Ulla Buchwald und ihr Mann Karl Heinz waren etwa zwei Jahre lang dabei. Sie erzählen, dass sie Werke von Pina Bausch auch vorher kannten, aber wie bereichernd es war, eines davon selbst zu erarbeiten, zu durchleben und zu durchleiden.
Der ehemalige Ingenieur Peter Kapteinat erzählt: „Ich war der Mann am Klavier, weil ich in der Jugend mal gespielt hatte. Da habe ich ‚Frühling und Sonnenschein‘ eingeübt und musste ja Fehler einbauen, weil das zur Choreographie gehörte.“
Hannelore Schneider war von Anfang an dabei: „Mir hat es viel Selbstbewusstsein gegeben — und die Erkenntnis, dass man viel mehr leisten kann, als man sich zutraut.“ Sie hatte die Rolle der hysterischen Frau, musste schreien, auf den Stuhl steigen, irre lachen, hinfallen. „Das würde ich sonst nie machen, aber ich habe es als Verpflichtung verstanden, schließlich hatte Pina Bausch mich für diese Rolle ausgewählt.“