Kultur Roger Loewig malt gegen die Unterdrückung

Tag der Deutschen Einheit im Zentrum für verfolgte Künste.

Zum 30. Jahrestag der deutschen Einheit zeigt das Zentrum für verfolgte Künste in Solingen Roger Loewig. Johannes Vesper (v.l.) und Anna Schädlich von der Roger Loewig Gesellschaft stellten mit Zentrumsdirektor Jürgen Kaumkötter den Maler vor.

Foto: Christian beier/Christian Beier

Mit Bleistiften, Tusche, Buntstiften und sogar Kugelschreibern lässt der Maler Roger Loewig seine entwurzelten Kreaturen entstehen. Oft schweben sie über weiten Landschaften oder scheinen ihnen zu entwachsen. Jetzt wurde eine Ausstellung des 1997 gestorbenen Künstlers im Zentrum für verfolgte Künste in Solingen eröffnet. Mit Recht an diesem Ort: Denn Loewig thematisiert in seinen zur Phantastischen Realität gehörenden Zeichnungen und den in ihnen zentral agierenden Figuren Gewaltherrschaft, Flucht, Willkür und auch Vertreibung. Als böse Fratze oder als geschundenes Opfer entstehen gestrichelte Metaphern wider die Unterdrückung.

Zum Tag der Deutschen Einheit, der sich am Samstag, 3. Oktober, zum 30. Mal jährt, stellt das Zentrum für verfolgte Künste den Maler Roger Loewig in den Mittelpunkt. Die Ausstellung trägt den Titel „Noch tönt Gesang unter der zerbrochenen Brücke“ und wurde Donnerstagabend im Gräfrather Zentrum eröffnet.

Der Blick geht bewusst
in die Nachkriegszeit

Direktor Jürgen Kaumkötter hatte Loewig nicht ohne Grund ausgewählt. Widmet sich das Zentrum für verfolgte Künste sonst verstärkt den Schicksalen der in der Nazizeit von 1933 bis 1945 verfolgten, verfemten und ermordeten Künstlern, so geht der Blick bewusst jetzt in die Nachkriegszeit. Loewig steht für die Schicksale nicht angepasster verbotener Künstler in der DDR der ersten zwei Jahrzehnte.

In ihrer Eröffnungsrede spann die stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung des Landschaftsverbands Rheinland, Karin Schmitt-Promny (Grüne), dann auch den Bogen von der Ausstellung des Zentrums im Deutschen Bundestag zu Jahresbeginn zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zur aktuellen Loewig-Schau. Dem Zentrum gelinge es immer wieder, die Biografien der Künstler eindrucksvoll zu zeigen, deren Kunst und Geschichte in Szene zu setzen.

Zu Loewig gibt es eine eigene Gesellschaft und ein eigenes Museum. Die Tochter der Vorsitzenden der Gesellschaft Krista Maria Schädlich, Anna Schädlich, hat 120 Werke zusammengetragen. Darunter auch Ölbilder aus den 1950er Jahren, in denen Loewig vor allem mit expressionistischen Mitteln seinen autodidaktischen Stil fand. Neben ihr und Kaumkötter nahm Dr. Johannes Vesper an einer Gesprächsrunde zur Eröffnung teil. Er erzählte von seinen Begegnungen mit dem Maler in West-Berlin und der persönlichen Beziehung, die sich daraus entwickelt hatte.

Loewigs Schicksal belegt, dass die DDR Maler und Künstler sehr wohl mit Verboten überzog und auch drangsalierte bis hin zu Verhaftungen und Verurteilungen. Loewig wurde als Jugendlicher Opfer der Vertreibung aus Polen. Mit seiner Mutter siedelte er sich in der Oberlausitz an. Er ging 1950 nach Ost-Berlin, dort malte der 20-Jährige erste Bilder – durchaus kritisch der jungen DDR gegenüber. Der Lehrer für Russisch und Deutsch unterwarf sich nicht den Maßgaben des Sozialistischen Realismus. 1963 folgte die Verhaftung. Vorwurf: „Staatsgefährdende Hetze“ – deshalb wurden seine Bilder und literarischen Texte beschlagnahmt.

Nach einem Jahr Untersuchungshaft wurde er auf drei Jahre zur Bewährung entlassen und wurde sogar Kandidat für den „Verband Bildender Künstler der DDR“ – mehr auch nicht. Den Lehrerberuf durfte er nicht mehr ausüben, ausgestellt wurde er mit Hilfe von Freunden, aber nur noch im Westen. Seinem 1967 gestellten Ausreiseantrag wurde 1972 schließlich stattgegeben, er zog nach West-Berlin auf die andere Seite der Mauer und machte später noch eine bescheidene Karriere.

Die Ausstellung ist in der Literatursammlung und in der früheren Grafikabteilung des Zentrums zu sehen. Dies in einer Dichte, die fast schon übertrieben wirkt. So wird alles aber auch zur lauten Klage, das Schicksal der Künstler in der DDR nicht zu vergessen.