Viel Gefühl und Humor am Klavier

Pianistin Yulianna Avdeeva gab gestern ein Gastspiel in der Stadthalle — als Solistin beim Wuppertaler Sinfonieorchester.

Wuppertal. „Donnerwetter“, murmelte ein Zuschauer beeindruckt angesichts der Leichtigkeit, mit der die noch junge Yulianna Avdeeva Chopins Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll darbot. Das virtuose Werk wurde am Sonntag im 5. Sinfoniekonzert des Sinfonieorchesters in der Stadthalle in Kontrast gesetzt zum „Konzert für Orchester“ von Witold Lutoslawski — eine Homage an den polnischen Komponisten, der am 25. Januar 100 Jahre alt geworden wäre.

Die englische Dirigentin Julia Jones leitete das Orchester mit sehr deutlichen, genauen Bewegungen und großer Aufmerksamkeit. Beim Klavierkonzert erreichte sie eine nicht nur klanglich perfekte Verbindung zwischen Orchester und Solistin, sondern auch eine tiefe emotionale Verbundenheit. Diese bestätigte sich darin, dass Yulianna Avdeeva am Ende zuerst der Dirigentin um den Hals fiel, bevor sie sich vor dem Publikum verbeugen sollte.

Mit unglaublich weichem Anschlag brillierte die russische Pianistin, die unprätentiös in modernem schwarzen Anzug auftrat. Den ersten Satz spielte sie sehr gefühlvoll, den zweiten schlicht und den dritten humorvoll. Die Kraft, mit der sie die technisch anspruchsvollen Passagen scheinbar mühelos im Forte erklingen ließ, traute man dieser zierlichen Musikerin gar nicht zu. Dann wieder hüpften ihre Finger leicht und geschmeidig über die Tasten.

Das Orchester ließ ihr immer gut den Vortritt und formte wunderbare Klänge. Insbesondere im langen Orchester-Vorspiel griffen die Instrumenten-Gruppen gut ineinander und Julia Jones gestaltete die Melodien sehr differenziert. Für den trotz halb gefülltem Saal intensiven Applaus bedankte sich Yulianna Avdeeva mit Chopins Mazurka op. 33 Nr. 3 in D-Dur. Die einführende Ouvertüre zur Oper „Ruslan und Ludmilla“ von Glinka spielte das Orchester sehr exakt, doch ohne Überschwang.

Nach der Pause folgte das in großer Besetzung instrumentierte „Konzert für Orchester“ von Lutoslawski. Fahle Klänge schwebten neben wildem Orchester-Rauschen, über dem Solo-Instrumente einzelne Volkslied-Melodien andeuteten. Immer wieder wechselte das Stück zwischen laut lärmenden Passagen und leise verklingenden.

Sehr virtuos gestalteten die Sinfoniker den zweiten Satz, der mit sehr exaktem „Gefissel“ der Streicher begann und in dem sich die Bläser anschließend abwechselten, bis am Ende nur noch Rhythmen übrigblieben. Die Kontrabässe hatten beim Beginn des dritten Satzes einen Solo-Auftritt, bevor sich ein Klangband in die Höhe schraubte.

Schrille Blech-Schreie antworteten auf aufgeregte Holzbläser-Einwürfe. Sehr engagiert gestalteten die Sinfoniker das schwierige Werk, was das Publikum mit lang anhaltendem Applaus würdigte.