Vokalakrobatin mit Wurzeln in Oakland
Acoustic Blues Session mit Brenda Boykin und einer tollen Band im Kultur-Kontor.
Wuppertal. Der Star der Acoustic Blues Session war Brenda Boykin. Die Jazzsängerin (Club des Belugas) machte das Unplugged-Konzert im Cronenberger Kultur-Kontor zu dem Höhepunkt, das Veranstalter Christoph Kuberka versprochen hatte. Großartig war schon die von ihm zusammengestellte Band. Auf der Bühne saß der Bassist Lukasz Dworak neben Gitarrist Gregor Hilden und Keyboarder Sven Kirsten. Kuberka, von Haus aus Gitarrist, übernahm die Rolle des Perkussionisten.
Sicherlich sorgte auch der Name Boykin für ein volles Haus. Das Publikum feierte die Sängerin schon vor dem ersten Auftritt. „Fühlt sich gut an“, sagte Boykin mit strahlendem Lächeln und schüttelte viele Hände auf dem Weg zur Bühne. Das Quartett legte sich mächtig ins Zeug - und strafte das Klischee Lügen, nach dem der Blues eine hüftsteife Angelegenheit älterer Männer ist. An diesem Abend stand Blues für quicklebendige Musik. „Der Blues kann traurig sein“, sagte Boykin, „und muntert einen doch auf.“ Wie es sich für eine Session gehört, spielten die Musiker mit der improvisatorischen Freiheit des Jazz und pfiffen auf Genregrenzen. Gospel, Latin, Rock hörte man und dann gab’s noch treibenden Blues-Funk, den Boykin „Free Groove“ nannte.
Dieser Stil-Mix passte genau zur phänomenalen Stimme der Vokalakrobatin Boykin. Eine Stimme, die von einsamen Höhen bis zum männlichsten Bass reichte. Die hauchte, weinte, kreischte. Zwischendurch verstärkte sie die Band mit den täuschend echten Sounds einer zweiten Gitarre, Bass oder Schlagzeug. Dabei bewies die Sängerin durch ihren Hüftschwung, dass sie selbst im Sitzen wunderbar tanzen kann.
Egal ob sie leidenschaftlich sang oder Anekdoten erzählte - das Flirten mit dem Publikum gehörte immer dazu. Sie fühle sich hier im Kultur-Kontor „absolut zu Hause“, meinte sie zwischen zwei Songs. Und fügte dann ins Mikro flüsternd hinzu: „... obwohl ich Wahl-Elberfelderin bin.“ Das ist sie schon lange. Schließlich lebt Boykin, die aus dem kalifornischen Oakland stammt, seit 2004 in Wuppertal.
Apropos: „I’m straight out of Oakland“, bekannte sie im Text. Dafür werde sie sich niemals schämen. Denn Oakland, erklärte Boykin, stehe oft im Schatten der großen Nachbarstadt San Francisco. Der Vergleich mit ihrer Wahlheimat Wuppertal und den umliegenden Städten lag für sie auf der Hand. Bevor sie das alte Spiritual „Wade In The Water“ sang, sprach sie über das Wasser als Symbol der Hoffnung - die Hoffnung der damaligen afro-amerikanischen Sklaven, Gefangenschaft und Rassismus entkommen zu können. Damit ihre Zuhörer diese Sehnsucht nach Freiheit nachempfinden konnten, sollten alle den Refrain mitsingen. Da konnte man schwer „Nein“ sagen und am Ende sang der ganze Saal mit.