Oper Mit Iris Marie und Sebastian singend durch die Stadt
Oper Wuppertal dreht mit ihren Sängern zwei Stadtraum-Videos an Wuppertaler Locations.
Eine junge Frau sitzt an einem Schminktisch, die Hand greift zum Lidschatten, der Blick geht in den Spiegel. Soweit nichts Ungewöhnliches. Wenn sich Frau und Tisch aber im Wald befinden und die Frau kurze Zeit später im blumigen Barockkleid eine Arie anstimmt, dann ist das schon erklärungsbedürftig. Die beiden Bilder sind Szenen eines vierminütigen Films. Die Oper Wuppertal verlässt die Bühne ihres Hauses in Barmen, schickt zwei Mitglieder ihres Ensembles hinaus in die Stadt und dreht mit ihnen Stadtraum-Videos.
Die Idee kam irgendwann um die Jahreswende auf, als die Corona-Pandemie wieder an Fahrt aufnahm, die Rückkehr auf die Bühne in weitere Ferne rückte, Proben immer unmöglicher wurden. In einem der vielen Gespräche darüber, was man dennoch machen könne. Wer, wann wie genau den Vorschlag machte, erinnert Sina Dotzert nicht mehr: „Wir haben ja den ganzen Winter überlegt, wie die Sängerinnen und Sänger eine Chance bekommen können, sich und ihre Kunst zu zeigen und wir so der Stadt etwas geben können“, erklärt die Dramaturgin der Oper. Die Lösung bestand in einer Kombination aus qualitativ hochwertiger Musikpräsentation mit Hilfe von Studioaufnahmen und der Stadt als Ersatz-Bühne. „Wir haben den Stadtraum visuell ausprobiert, geschaut, was mit der Musik geschieht, wenn wir rausgehen.“
Neuland für
alle Beteiligten
Für alle Beteiligten war es Neuland, mit Unwägbarkeiten, die man von der Arbeit im Opernhaus nicht gewohnt war und mit filmbasierter Vorgehensweise. Zwar kannten die Mitarbeiter der Oper Videos, aber nur als Beiwerk, das die Inszenierung auf der Bühne unterstützt, wie zuletzt bei der Inszenierung von Mozarts „Die Zauberflöte“. Nun aber stand der Film im Mittelpunkt des Projekts.
Das „planvoll und kreativ“ umgesetzt wurde, fasst Dotzert zusammen - mit viel Raum für Spontaneität und einem Konzept, , das vor allem Rahmen war und viel Mitwirkung der Beteiligten zuließ.. Das waren auf Seiten der Oper Mezzosopranistin Iris Marie Sojer und Bass Sebastian Campione, Studienleiter Michael Cook, Sina Dotzert und Karin Kotzbauer-Bode (Konzept und Regie) sowie die Wuppertaler Filmfirma Siegersbusch. Ausgewählt wurden zwei Stücke, Purcells „Music for a While“ (für Sojer) und „Le Veau d’Or“ aus Charles Gounods „Faust“ (für Campione). Die Barockarie wurde eher verträumt-traurig, das Lied aus der französischen Opéra lyrique verspielter und direkter in Szene gesetzt. Zwei verschiedene Wege, um „unsere Unmöglichkeit auftreten zu können“ zu zeigen, erklärt Kotzbauer-Bode. Der Verlust des Auftrittsorts Oper bringt die Mezzosopranistin dazu, sich im Wald auf einen Auftritt vorzubereiten und sich mit der natürlichen Bühne anzufreunden, während der Bass durch die Stadt irrt, nachdem er nicht ins Musiktheater in Barmen eingelassen wird. Sojer tauscht Pullover und Jeans gegen ein prachtvolles Kostüm, Campione ist im Smoking unterwegs. Die Locations wurden bewusst zur jeweiligen Erzählung ausgesucht: „Wie schön man sich im Wald schminken kann und wie man in die Oper kommen kann“. Außerdem sollen sie den Wuppertalern vertraut sein, im Film wiedererkannt werden - Treppen und Brücken, eine Kreuzung, der Engelsgarten, die Nordbahntrasse, ein Spielplatz oder die Kaiserhöhe im Nützenbergpark. Beide Filme enden mit einem Blick aufs Stadtgebiet.
In der zweiten Aprilwoche wurde gedreht. Mitten in der Stadt. Dabei wurde auf Abstand zu den Menschen geachtet, ohne diese auszuschließen. „Alle, die uns sahen, haben sich gefreut und Rücksicht genommen“, freut sich Dotzert. Gleichzeitig wurde die Musik aufgenommen - jeweils mit Michael Cook, der Sojer am Cemballo und Campione am Klavier begleitete. Während die Proben noch in getrennten Räumen erlaubt waren, durften die Endaufnahmen gemeinsam auf der großen Opernbühne stattfinden.
Zusammen mit den etlichen Stunden Filmmaterials, das Kotzbauer-Bode und Siegersbusch im Studio bearbeiteten, wurden daraus die Stadtraumvideos. Zum Beginn des Monats Mai wurden sie auf der Website veröffentlicht. „Nicht als großes Kunstwerk, wir wollen den Wuppertalern einfach etwas Schönes bieten“, sagt Dotzert. Zugleich etwas ausprobieren, für das im normalen Betrieb keine Zeit sei, ergänzt Kotzbauer-Bode. Das im Unterschied zur aktuellen Probenarbeit auch in einem Ergebnis mündet, freut sich Opern-Pressesprecherin Sara Teckenberg. Eine Brücke bis zum Liveevent, kein Zukunftsmodell, denn Live-Produktionen mit Publikum ziehen alle bei allem Spaß vor.